Kommentar:Notwendige Gegenrede

Dass sich der Kreistag so klar von der Rede eines einzelnen Kreisrats distanziert, ist richtig - und bestärkt vielleicht auch andere, Flagge zu zeigen

Von Wieland Bögel

War dieser große Aufschlag wirklich nötig? Der Kreisrat einer Kleinstpartei, aus der er außerdem mittlerweile ausgetreten ist, pöbelt in einem Ausschuss und beschäftigt damit das ganze Gremium. Ist das nicht zu viel Aufwand? Hängt man die Sache nicht zu hoch, verschafft man dem Pöbler auch noch Aufmerksamkeit? Die Antwort auf diese Fragen ist indes ein klares "Nein" - und auf die letzte vielleicht ein "Ja, aber."

Ja, man zieht Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass ein gewähltes Mitglied des Kreistages in öffentlicher Sitzung rassistisch vor sich hinpöbelt. Und das ist auch gut so, jedenfalls wenn es - wie nun geschehen - keine positive Aufmerksamkeit ist. Der Kreistag hat über alle Fraktions- und Parteigrenzen hinweg klargemacht, dass man so ein Verhalten nicht billigt. Was zur nächsten Frage führt: Warum ist das nötig? Welche Zuständigkeit hat ein kommunales Gremium wie der Kreistag Ebersberg in Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens? Keine - und jede. Denn natürlich erlässt der Kreistag keine Gesetze, etwa zum Thema Religionsfreiheit, zur Stellung verschiedener Bevölkerungsgruppen in der Gesellschaft und deren Rechten - aber solche Gesetze sind in einer Demokratie der Ausdruck des Willens der Mehrheit.

Daran, dass diese Mehrheit trotz stetiger und lauter Pöbelei der Ewiggestrigen eben nicht deren Lebensstil gewordene Menschenfeindlichkeit teilt, daran hat der Kreistag nun in seiner Aktion erinnert. Und bestärkt und unterstützt damit vielleicht andere in der Ansicht, dass das Vokabular des Unmenschen immer eine Gegenrede wert ist.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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