Kommentar:Naiv waren alle

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Die Kosten für die Sanierung des früheren Sparkassengebäudes explodieren, dabei kann man die Verwaltung nicht ganz aus der Verantwortung nehmen. Das gilt aber auch für die Politiker

Von Wieland Bögel

Die Salami hat, je nach Situation, einen sehr unterschiedlichen Ruf. Während sie auf Brot oder Pizza serviert von vielen wertgeschätzt wird, dient der Name des würzigen Würstchens auch dazu, eine nur von wenigen geschätzte Strategie zu beschreiben - eben die Salamitaktik. Diese verdankt ihren Namen einer weiteren Eigenschaft der mediterranen Hartwurst: Sie lässt sich in sehr dünnen Scheiben servieren. Solche kleinen Häppchen wurden offenbar in den vergangenen Jahren auch im Ebersberger Kreistag serviert, wenn es um die Übernahme und Sanierung des alten Sparkassenbaus ging. Denn dieses Projekt entpuppt sich immer mehr zum Sparschwein mit offenem Boden.

Auf Salamischeibe eins stand eine Zahl, die wirklich nur zum Reinbeißen war. Knappe zwölf Millionen Euro für ein Bürogebäude in bester Lage mit etwa 3500 Quadratmeter Nutzfläche. Und auch Scheibe Numero zwei schien eine echte Köstlichkeit, gerade einmal vier Millionen Euro würde der Umbau des Gebäudes aus den frühen 1990er Jahren kosten. Gut, beim gründlichen Kauen gab es dann einen kleinen Nachgeschmack: Nicht bloß vier, sondern fast sieben Millionen Euro sollte der Umbau wenig später bereits kosten. Nun kommt noch eine Scheibe dazu, und die ist so dick abgeschnitten, dass manchen im Kreistag schon ein bisschen flau im Magen wird. Mehr als elf Millionen Euro wird der Kreis nun in seine Dependance stecken müssen. Die wird dann also inklusive Kaufpreis mit 23 Millionen Euro zu Buche schlagen, das sind rund sieben Millionen mehr, als auf dem Tisch lag, als die Kreisräte über den Kauf des Sparkassengebäudes zu befinden hatten.

Kein Wunder also, dass nun bei einigen von ihnen der Verdacht aufkommt, man habe ihnen die wahren Kosten absichtlich scheibchenweise serviert, um sie zur Zustimmung zu bewegen. Schließlich, und das ist kein Geheimnis, war der Erwerb und Umbau des Sparkassengebäudes die Wunschlösung der Verwaltung. Was durchaus verständlich wäre, denn andernfalls hätte sich das Platzproblem im Landratsamt nur lösen lassen, indem dieses erneut für Jahre zur Baustelle geworden wäre. Was natürlich kein Beweis dafür ist, dass den Kreisräten die Kosten absichtlich und wider besseres Wissen serviert worden sind - das wäre schon ein gewaltiger Vertrauensbruch der Verwaltung. Die man allerdings auch bei wohlmeinenderer Beurteilung der Kostenexplosion nicht ganz aus der Verantwortung nehmen kann. Es bleibt auf jeden Fall der Vorwurf der Nachlässigkeit. Auf Treu und Glauben einen 25 Jahre alten Bürobau zu übernehmen, ohne auch nur auf die Idee zu kommen, dass dort Altlasten und Brandschutzmängel zu finden sein könnten, wirkt schon ein wenig naiv.

Allerdings kann man diesen Vorwurf auch ein Stück weit an die Kreisräte weitergeben, die sich nun so echauffiert haben. Schließlich hat auch keiner im Gremium die goldene Regel der Schnäppchenjäger beherzigt die da lautet: Wenn etwas zu gut aussieht, um wahr zu sein, dann ist es das womöglich nicht.

© SZ vom 20.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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