Kommentar:Manege im Zwielicht

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Es gibt gute Argumente gegen Tierdressuren im Zirkus. Aber wer das fordert, muss sich auch noch ganz andere Gedanken machen

Von Alexandra Leuthner

Vermutlich kann man sich beim Thema Zirkus und Tierschutz nur in die Nesseln setzen. Jede Seite hat ihre Argumente; die Zirkusleute sehen sich als Verteidiger einer Tradition, deren schöne Seiten viele von uns als Kinder selbst genossen haben. Einmal im Winter mit dem Opa zum Circus Krone, das war für kleine Münchner Pflicht, und wehe, es waren zu wenig Löwen im Programm. Dann gibt's die andere Seite, diejenigen, die sich um das Wohl der Tiere sorgen, die im Zirkus durch Reifen springen und auf Hinterbeinen gehen müssen. Auch sie haben gute Argumente. Wer ein gewisses Maß an Empathie für seine Mitwelt aufbringt, wird sich seine Gedanken machen, ob es der Würde gerade eines Wildtiers widerspricht, der Peitsche eines Dompteurs zu gehorchen. Die meisten Zirkusse kommen heute ohne Wildtiere aus, und das ist - selbst wenn sie in Gefangenschaft geboren sind und in freier Wildbahn nie überleben könnten - vielleicht auch gut so. Doch was ist mit jenen Tieren, die seit Jahrhunderten domestiziert sind, Hunde, Pferde oder Esel? Gar keine Tiere mehr in der Manege, sagen Tierschützer. Das Reisen, die Auftritte, die Dressur, alles zu viel für die Tiere. Das mag sein. Aber müsste man dann konsequenterweise nicht jede, und zwar wirklich jede Dressur verbieten? Was ist mit Grand-Prix-Pferden, die ihre Pirouetten im Viereck zeigen, mit Springpferden, die über 1,60 hohe Hürden springen? Was mit Sprengstoffsuch- oder Bergrettungshunden? Sportpferde reisen von Kontinent zu Kontinent, in Reitschulen oder Privatställen werden Pferde auch nicht immer auf die feine Art mit hemmenden Zügeln und scharfen Gebissen getriezt. Muss man das nicht auch alles verbieten?

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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