Kommentar:Lukratives Ehrenamt

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In Vaterstetten bekommt der Zweite Bürgermeister eine üppige Summe als Aufwandsentschädigung. Angesichts der finanziellen Misere der Gemeinde sei die Frage erlaubt, ob man sich das wirklich leisten will

von Karin Kampwerth

Dass Vaterstetten gerne als Grünwald des Münchner Ostens bezeichnet wird, kommt nicht von ungefähr. Einkommensmillionäre, die nicht neben Schauspielern oder Fußballern wohnen wollen, lassen sich gerne in der Großgemeinde im Landkreis Ebersberg nieder. Über die A 94 ist man schließlich auch schneller in der Innenstadt, als von Grünwald aus, wo man die Luxuslimousine mit Tempo 60 durch Harlaching schleichen lassen muss, um sich dann in Giesing in den Großstadtstau zu stellen. Und mal ehrlich, wenn der Anteil der Kommunen an der Einkommenssteuer nicht gedeckelt wäre, dann würden die Einnahmen in Vaterstetten vermutlich durch die Decke gehen und so ein bisschen Umfahrung wie die geplante Parsdorfer Straße aus der Portokasse bezahlt. Weil aber eben alles anders ist, wird eine an sich reiche Gemeinde wie Vaterstetten plötzlich abhängig vom Finanztropf des Freistaates. Erstmals gibt es wieder eine Schlüsselzuweisung, 176 000 Euro werden im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs überwiesen.

Das Geld ist gedacht zur Finanzierung des Verwaltungshaushaltes. Darin kommt auch der Posten der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister vor. In Vaterstetten sind das Martin Wagner (CSU) als Zweiter Bürgermeister, der Rathauschef Georg Reitsberger in der Regel vertritt, sowie Günter Lenz (SPD) als Dritter Bürgermeister. 57 800 Euro lässt sich das die Gemeinde in diesem Jahr kosten. Zum Vergleich: Ein Verwaltungsfachangestellter kommt im bundesweiten Durchschnitt auf 32 500 Euro. Ohne Zweifel, wenn ein Stellvertreter für den Bürgermeister einspringt, ist es völlig korrekt, diesen dafür zu entlohnen. Ob sich der Vize-Bürgermeister angesichts der großzügigen Entschädigung aber Ehrenamtlicher nennen sollte, darf infrage gestellt werden - ebenso, ob sich die Gemeinde das trotz aller Großverdiener angesichts ihrer finanziellen Lage wirklich leisten will.

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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