Kommentar:Leuchttürme und Kirchtürme

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Konkurrenz belebt für gewöhnlich das Geschäft - bei der Planung von Schulen gilt das aber nicht unbedingt

Von Wieland Bögel

Wissen ist die wichtigste Ressource in unserem rohstoffarmen Land", so ein viel zitierter Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Der immerhin schon zwei Jahrzehnte alte Spruch scheint in der Region offenbar auf offene Ohren gestoßen zu sein. Im Münchner Osten sollen die seltenen Ressourcen Wissen und Bildung intensiver gefördert werden als Öl in Texas. Doch was zunächst wie eine sehr gute Nachricht klingt, ist auf den zweiten Blick problematisch. Denn bei der Standortplanung für neue Schulen fühlt man sich mittlerweile an die Ölbarone erinnert, die sich gegenseitig die besten Felder leer pumpen.

Bereits seit zweieinhalb Jahren gibt es die Forderung der Poinger nach einem eigenen Gymnasium. Ein solches hätten aber auch Aschheim und Feldkirchen im Nachbarlandkreis gerne. Alle drei Gemeinden werden wohl - trotz steigender Schülerzahlen - nicht zum Zuge kommen, weshalb seit einigen Monaten Gemeinden, Landkreise, Bürgerinitiativen und auch Schulen Stellungnahmen in Stellung bringen, mit denen sie belegen wollen, warum ausgerechnet ihr Standort der beste und einzig richtige sei und jeder andere eher schädlich. Auch bei den Fach- und Berufsoberschulen gibt es einen solchen Konkurrenzkampf - und der hat mit dem um die Gymnasien zu tun. Denn den Poingern wurde gewissermaßen ein Trostpreis angeboten: Sollte es mit dem Gymnasium nicht klappen, könnten sie eine Fach- und Berufsoberschule bekommen. Dass die Erdinger darauf skeptisch reagieren, ist wenig verwunderlich, schließlich sind die Auswirkungen auf die dort bestehende Schule noch unklar. Genau wie auf die geplante Oberschule in Haar - falls die überhaupt gebaut wird. Denn auch Kirchheim hat sich hier bereits als Standort ins Spiel gebracht, genau wie Aschheim und Feldkirchen.

Die Lösung kann aber nicht sein, dass sich Landkreise und Gemeinden auf der Suche nach Leuchttürmen - wie Bildungseinrichtungen ja gerne genannt werden - in Kirchturmpolitik verheddern. Dadurch verlieren am Ende alle, denn letztlich entscheidet das Kultusministerium über den Bau einer neuen weiterführenden Schule. Und je länger Kreise und Kommunen über Für und Wider einzelner Standorte streiten, desto länger wird eine Genehmigung auf sich warten lassen. Nötig wäre eine interkommunale Planung der Schulstandorte. Schließlich geht es eben nicht um Ölquellen, sondern um Wissen und Bildung, und bei deren Förderung sollten andere Regeln gelten als unter Ölbaronen.

© SZ vom 20.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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