Kommentar:Konkurrenz zum Elterntaxi

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Der Vaterstettener Gemeinderat hat die Chance, mit vergünstigten Fahrkarten für Jugendliche, den Autoverkehr im Ort zu verringern

Von Wieland Bögel

Das Ende der Kindheit kann schnell kommen - zumindest wenn man mit dem MVV unterwegs ist. Wer in Schwimmbad, Museum oder Kino noch Kind ist, gilt auf dem Weg dorthin schon als Erwachsener, jedenfalls tariflich. Denn auf Kurzstrecken zahlen seit knapp acht Jahren alle gleich viel, egal ob jung oder alt. Für den MVV, der den Fahrpreis kassiert, ist das natürlich von Vorteil. Ärgerlich ist es stattdessen für Eltern, die den erhöhten Fahrpreis bezahlen müssen, oder, falls die dann lieber aufs eigene Fahrzeug umsteigen, für die Kommunen, die unter immer mehr Autoverkehr ächzen.

In Vaterstetten ist letzteres schon seit Jahren der Fall, es gibt keine noch so kleine Ortsstraße, auf der nicht ein stetiger Durchgangsverkehr rollt. Die meisten Fahrten sind dabei eher kurz, denn oft ist das Elterntaxi im Gemeindegebiet unterwegs. Schnell zur Musikstunde oder zur Nachhilfe, zum Sport oder Freunde besuchen - gerade bei Regen oder gar Kälte und Schnee holen Mama oder Papa gerne eben mal das Auto aus der Garage. Dafür gibt es sicher noch andere Gründe als nur hohe Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr, dennoch könnte ein Kinder-Rabatt ein Anreiz sein, doch einmal Bus und Bahn auszuprobieren. Gerade die Kurzstrecke bietet sich dafür an: Hier können die jüngsten Fahrgäste lernen, wie es ist, ohne Eltern Bus oder Bahn zu fahren, und vielleicht verzichten sie dann öfter auch freiwillig auf das Elterntaxi. Daher ist es eine gute Entscheidung der Vaterstettener Gemeinderäte, die günstigen Fahrkarten für Kinder ein paar Jahre länger auszugeben. Auch und gerade weil die potenziellen Nutzer der Gemeinde in den vergangenen Monaten nicht gerade die Türen eingerannt haben. Denn wie auch in der Debatte um die Verlängerung von mehreren Rednern betont wurde - bis sich ein solches Angebot herumgesprochen und etabliert hat, braucht es sicher länger als ein Dreivierteljahr.

Natürlich wäre es am besten, die Gemeinde könnte auf eine Fahrkarten-Subvention verzichten, weil der MVV endlich wieder einen Kurzstrecken-Tarif für Kinder anbietet. Das ist aber frühestens bei der nächsten Tarifreform in zwei Jahren der Fall - bis dahin ist es gut, wenn die Gemeinde dafür sorgt, dass die Kindheit im öffentlichen Nahverkehr doch ein bisschen länger dauert.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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