Kommentar:Konkreter werden!

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Über Rechtsradikalismus muss man reden, noch besser, man würde auch dagegen vorgehen

Von Johanna Feckl

Um über Maßnahmen gegen ein Problem zu diskutieren, muss man zunächst den Sachverhalt an sich klären. Das ist keine Kleinigkeit und wird in nur allzu vielen Diskussionsrunden vernachlässigt, oder sogar ganz vergessen. Wenn man den sonntäglichen "Tatort"-Abend mit einem bisschen Anne Will ausklingen lässt und sich nach der Sendung genauso schlau fühlt wie zuvor, dann liegt das genau daran: Das Thema wurde nicht klar herausgearbeitet, die Probleme zu unscharf analysiert.

Der Moderator Thomas Vogt hat bei der SPD-Podiumsdiskussion "Gegen Rechtspopulismus" in dieser Hinsicht alles richtig gemacht. Zunächst hielten Nicola Hieke und Omid Atai Impulsvorträge: Der Rechtspopulismus wächst, die Anfragen bei Beratungsstellen werden mehr, auch Gemeinden im Landkreis sind von fremdenfeindlichen Taten betroffen. Ebenso führen die ersten Fragen von Vogt an die anschließende Diskussionsrunde klug und differenziert an das Thema heran: Wie unterscheiden sich rechter Extremismus von Populismus? Ist letzteres immer auch fremdenfeindlich? Gibt es Gruppen, die anfälliger für solche Bewegungen sind als andere?

Als eine solide Basis geschaffen war, um über konkrete Maßnahmen sprechen zu können, kam - leider nichts. Vogts einzige Frage mit einem lösungsorientierten Ansatz war, was die demokratischen Parteien falsch gemacht haben. Abuzar Erdogan umschiffte diese Frage geschickt, indem er darauf verwies, dass seine SPD viel gegen Rechtspopulismus getan habe. Ein Münchner aus dem Publikum hakte nach und wollte wissen, was die SPD für Gegenmaßnahmen anstrebe. Wieder blieb die Frage unbeantwortet.

Später verwies Erdogan zwar auf Schulen und Universitäten, die hier in der Pflicht sind, aber es reicht nicht, nur über Bildungsmaßnahmen für junge Menschen zu sprechen. 25 Prozent der 30- bis 59-jährigen Wähler haben im Vorjahr bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern die rechtspopulistische AfD gewählt. Das Problem betrifft nicht nur Jugendliche und junge Erwachsene. Wie sollen die 40-Jährigen lernen, Fake-News von tatsächlichen Nachrichten zu unterscheiden? Wie kann man den 50-Jährigen erreichen, der in fremdenfeindlichen Kreisen unterwegs ist? Dass die SPD Aktionsbündnisse und Beratungsstellen wie die von Nicola Hieke finanziell unterstützt, ist nicht genug, wenn sich die Arbeit von solchen Organisationen primär an junge Erwachsene richtet. Von einer Podiumsdiskussion, die von einer Partei veranstaltet wird, erwartet man mehr konkrete Handlungsstrategien - zumal in einem Wahljahr.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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