Kommentar:Kluger Schachzug

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Die Zornedinger SPD hat erreicht, dass sich die CSU klar von Sylvia Boher distanziert hat. Eine Abstimmung über den eigenen Antrag hätte da nur noch geschadet

Von Carolin Fries

Natürlich war es auch die Sensationslust, die die Zornedinger am Donnerstagabend ins Rathaus trieb. Die SPD hatte beantragt, der Gemeinderat möge Sylvia Boher auffordern, ihr Mandat als Gemeinderätin abzugeben. Nun also sollte sich zeigen, wer die Verbündeten der langjährigen CSU-Ortsvorsitzenden in der Fraktion sind. Gemessen am allabendlichen politischen Talk-Einheitsbrei im Fernsehen eine willkommene Abwechslung, die sowohl Unterhaltungs- als auch Informationswert versprach. Dass es nicht soweit kam, ist der Umsicht der SPD-Fraktion zu verdanken. Sie hat sowohl das Potenzial des eigenen Antrags erkannt - Druck auf die CSU ausüben, sich öffentlich zu erklären - als auch seine Gefahr: unbeteiligte Personen an den öffentlichen Pranger zu stellen.

Denn genau das wäre wohl passiert, hätte man Bohers treue Gefolgsleute bloßgestellt. Mit Folgen, die die SPD mit ihrem Antrag gewiss nicht beabsichtigt hat: Die Affäre um die ehemalige CSU-Ortsvorsitzende hätte sich ausgeweitet auf eine Affäre um die Zornedinger CSU. Dabei hätte man das eigentliche Ziel aus dem Blick verloren. Dass es innerhalb der Zornedinger CSU ein breites Meinungsspektrum bis weit zum rechten Rand gibt, mag verstören - ist aber in einer Demokratie durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Nicht hinzunehmen ist es, wenn sich die Ortsvorsitzende und politische Repräsentantin einer gemäßigten Partei rechtspopulistisch im Parteiblatt äußert, gegen Flüchtlinge hetzt und der ausländischen Presse zu erklären versucht, dass "Neger" hierzulande keine rassistische Beleidigung ist.

Dass die SPD ihren Antrag zurückgezogen hat, hat zur Folge, das allein Sylvia Boher im Schweinwerferlicht steht. Obendrein ist er eine versöhnliche Geste an die CSU-Fraktion, eine ausgestreckte Hand. Denn tatsächlich kommt man nicht alle paar Wochen im Rathaus zusammen, um die Qualifikationen einzelner Mandatsträger und Führungspersonen der jeweiligen Parteien zu diskutieren. Nein, eigentlich gilt es im Gemeinderat und den Ausschüssen, zum Wohle der Gemeinde konstruktiv zu arbeiten. Am besten zusammen. Wohler wäre es allen, Sylvia Boher würde sich daran nicht mehr beteiligen. Diese Botschaft des Gemeinderates war wichtig. Und die ist angekommen.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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