Kommentar:Keine Frage des Standortes

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Anstatt zu streiten, ob die Polizeiinspektion nach Poing oder Vaterstetten soll, wäre es besser, mehr Personal zu fordern.

Von Wieland Bögel

Ziemlich genau 204 Jahre ist es nun her, dass das Amtsgericht von Markt Schwaben nach Ebersberg umgezogen ist. Sehr zum Missfallen der Schwabener, die einen Bedeutungsverlust ihres Ortes zugunsten Ebersbergs befürchteten - nicht ganz zu Unrecht, schließlich trägt der Landkreis bis heute den Namen des neuen Gerichtssitzes. Nun könnte es den Polizisten der Poinger Inspektion so gehen wie den Richtern vor zwei Jahrhunderten - zumindest wenn es nach der Vaterstettener CSU geht. Die hat nun gefordert, die ohnehin stark verkleinerte Wache in der Großgemeinde komplett zu schließen und stattdessen die Inspektion nach Vaterstetten zu holen. Anlass ist der anstehende Neubau der Inspektion. Dass es den Poingern nun aber so geht wie einst den Schwabenern, steht trotzdem nicht zu befürchten.

Denn zum Einen ist es längst nicht sicher, dass die Inspektion überhaupt nach Vaterstetten umziehen wird. Selbst wenn sich der dortige Gemeinderat dafür einsetzt und beschließt, für deren Neubau ein Grundstück zur Verfügung zu stellen. Denn wie viel man sich im Innenministerium von den Kommunen dreinreden lässt - nämlich so gut wie gar nicht -, hat die nicht nur von Vaterstetten kritisierte Verkleinerung der dortigen Polizeiwache gezeigt. Dass diese irgendwann komplett geschlossen wird, wie es die CSU nun ebenfalls fordert, ist nur folgerichtig. Denn eine Wache, die nur wenige Stunden in der Woche geöffnet ist und deren Personal nicht ausrücken kann, weil dann die Wache nicht mehr bewacht wird, ist tatsächlich wenig nützlich. Bürgerfreundlicher ist da schon eine Polizei in der Nachbargemeinde mit vernünftigen Öffnungszeiten und der Möglichkeit, im Notfall auch aktiv zu werden. Wo diese Inspektion dann steht, ist letztlich irrelevant - außer vielleicht für einige in Vaterstetten oder Poing, die darin - wie einst die alten Schwabener - einen Prestigegewinn oder -verlust für ihren Ort sehen.

Denn egal an welchem Standort, an einem wird sich nichts ändern: an der Zahl der Beamten. Wer sich also wirklich Sorgen darüber macht, wie die Polizei ihre Aufgaben besser und bürgerfreundlicher erledigen kann, müsste hier ansetzen. Vielleicht sollten die betroffenen Kommunen bei den zuständigen Stellen intensiv eine Aufstockung des Personals fordern, statt in einen Konkurrenzkampf um einen Standort einzusteigen, an dem es dann letztendlich doch wieder zu wenige Polizisten geben wird.

© SZ vom 04.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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