Kommentar:Kein Plan

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Die Grafinger CSU klagt laut über zu hohe Schulden - stimmt dann aber einem üppigen Nachtragshaushalt zu

Von Thorsten Rienth

Bei 6,784 Millionen Euro hätte der Grafinger Schuldenstand zum Jahresende eigentlich liegen sollen. Seit Dienstag sind es plötzlich 9,367 Millionen. Nach nur zwanzig Minuten winkte der Finanzausschuss, immerhin das Grafinger Expertengremium in Sachen Budgetplanung, zack-zack, die 40-prozentige Erhöhung der Verbindlichkeiten durch. Ist das noch skurril - oder schon befremdlich?

Die Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die CSU-Fraktion. Erst klammerte sich Josef Rothmoser, immerhin Zweiter Bürgermeister, an die "Hoffnung, dass das für uns relativ gut ausgeht". Danach schmiss Fraktionschef Max Graf von Rechberg schneidige Sätze wie "Wir tanzen auf einem Vulkan und hoffen, dass er nicht ausbricht" und "Die Erhöhung der Schulden lässt einem graue Haare wachsen" in die Diskussion. Aber anstatt den Nachtragshaushalt konsequenterweise abzulehnen, stimmten die beiden CSU-Wortführer brav mit dem Rest der Fraktion. So schnell können Überzeugungen dahinbröseln. Zum wiederholten Male fällt dagegen CSU-Stadtrat Georg Schlechte positiv auf, weil er dieser fragwürdigen Fraktionslinie nicht folgen will.

Keine Frage, was Grafing derzeit - stets mit Stimmen der CSU - investiert ist allerhand: neue Grundschule, neuer Hort, neue Kita in Elkofen. Dazu die Sanierung der Mittelschule und die Erweiterung des Gewerbegebiets. Man leistet sich eine Stadthalle und ein Freibad, die jedes Jahr zusammen etwa eine Dreiviertelmillion Euro Defizit einfahren. Nur muss man bei solch überdurchschnittlichen Ausgaben eben auch über die unterdurchschnittlichen Grafinger Einnahmen reden. Langfristig lässt sie sich mit einer anderen Strukturpolitik steigern: mehr Gewerbe und mehr Baugebiete, vorzugsweise für Gutverdiener, weil so die Zuweisungen aus der Einkommensteuer steigen. Kurz und mittelfristig bleibt dagegen nur das Instrument der Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer.

Letzteres auch einzusetzen verweigert die Grafinger CSU seit Jahren beständig. Meist bedient sie sich dabei des Bildes vom bösen Staat, der dem wehrlosen Steuerzahler in die Taschen greift. Dieser Ansicht darf man freilich sein. Aber dann sollte man sich eben auch einen Schulden-Nachschlag von 2,6 Millionen verweigern. Denn auch das ist Steuerzahler-Geld.

© SZ vom 11.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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