Kommentar:Kein Herz für Kinder

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Vielleicht sollten die besorgten Anwohner, die in Poing zum Hörer greifen, um sich über die Schlittensportler zu beschweren, mal in sich gehen

Von Franziska Langhammer

Monatelang Abstand zu Schul- und Kindergartenfreunden, Opa-und-Oma-Verbot, zeitweise war sogar der Spielplatz abgesperrt. Kein Zoobesuch, kein Schwimmbadplanschen, kein Spaziergang im Wildpark ist derzeit möglich. "Wart mal kurz, die Mama muss nur noch eine E-Mail schreiben" - wohl jedes Kind zwischen null und zwölf Jahren hat diesen oder ähnliche Sätze schon zig Mal gehört in den vergangenen Monaten, und wohl alle Kinder haben sie über. Nein, Corona hat wirklich kein Herz für Kinder.

Nun ist der Winter ja noch mal ein besonders fieser Spießgeselle, was die Einschränkungen in Coronazeiten angeht. Viele Familien meiden derzeit Indoor-Treffen mit anderen, und so bleibt als einziger Ort des Austauschs der Spielplatz. Bei Temperaturen jenseits des Gefrierpunktes gestalten sich diese Treffen häufig kurz und knackig. Umso größer ist die Freude bei Groß und Klein, dass jetzt endlich Schnee fällt und liegen bleibt - und sich damit unzählige neue Optionen zum Spaßhaben im Freien eröffnen.

Natürlich kommen auch andere Familien auf die Idee, nun Schlittenberge anzupeilen und sich dort ausgelassen dem Rausch der Geschwindigkeit hinzugeben. Und natürlich wäre es wünschenswert, dass die Erwachsenen sich nicht eng in Gruppen zusammenstellen und quatschen, nicht zuletzt, um den Kindern in der Konsequenz nicht den Spaß zu verderben.

Aber sogar die Polizei findet, man sollte hier nicht päpstlicher als der Papst sein. Vielleicht sollten die besorgten Anwohner, die derzeit zum Hörer greifen, um sich über die Schlittensportler zu beschweren, mal in sich gehen. Muss ich den Kindern wirklich diese Freude auch noch nehmen? Reicht es nicht, dass schon Corona kein Herz hat für sie?

© SZ vom 08.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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