Kommentar:Kein Grund zur Freude

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Weil ein potentieller Investor fürs Gewerbegebiet abgesagt hat, fehlen der Gemeinde womöglich die Mittel für Investitionen

Von Wieland Bögel

Riesige graue Lagerhallen, wo jetzt noch saftig grüne Wiesen das Auge erfreuen. Lange Kolonnen stinkender Lastwagen, wo jetzt noch Radler und Wanderer die Naherholung suchen. Solche oder ähnliche Schreckensvisionen malten die Gegner des Taglachinger Gewerbegebietes im vorigen Jahr an die Wand - und zwar wörtlich, denn sie plakatierten großflächig eine am Computer simulierte Gewerbegebiets-Dystopie, um für ihr Anliegen beim Bürgerentscheid zu werben. Damit sind sie zwar gescheitert, in dieser Woche könnten aber beim einen oder anderen Gewerbegegner die Sektkorken geknallt haben. Denn der größte Investor des Gewerbegebiets hat seinen Ausstieg vor dem Einstieg angekündigt und dies mit den Aktivitäten der Gewerbekritiker begründet. Doch was auf den ersten Blick vielleicht als deren Sieg scheint, könnte der Beginn ihrer größten Niederlage sein.

Eine Niederlage hat natürlich zunächst auch die Gemeinde erlitten, eine finanzielle nämlich. Denn das Geld aus Taglaching war schon mehr oder weniger fest in die Haushaltsplanung der kommenden Jahre eingeplant. Einiges wird man darum strecken und schieben müssen, früher oder später dürfte das Geld aber in die Gemeindekasse fließen. Denn es ist nicht zu erwarten, dass die Flächen in Taglaching lange leer bleiben. Wie Beispiele aus der Nachbarschaft - erst kürzlich etwa in Parsdorf-, zeigen, dauert es in der Regel nur wenige Monate, bis sich auch wesentlich größere Gewerbegebiete gefüllt haben. Dennoch sind die Taglaching-Kritiker zumindest bis dahin die Buh-Männer des Ortes. Wann immer eine Investition nun aufgeschoben oder abgesagt werden muss, kann die Gemeinde genüsslich auf die Gewerbegegner verweisen, die ein profitables Projekt verzögert haben.

Doch noch aus einem anderen Grund gibt es für die Kritiker des Gewerbegebietes keinen Anlass zu feiern. Das, was sie nun möglicherweise verhindert haben, war eigentlich ein Gewerbegebiet light, ein Produktionsbetrieb mit relativ überschaubaren Hallen und wenig Verkehrsaufkommen. Nun könnte es auch ganz anders kommen, mit riesigen grauen Lagerhallen und langen Kolonnen stinkender Lastwagen. Die Befürchtungen der Kritiker könnten so dank ihrer Bemühungen zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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