Kommentar:Irgendwer räumt es schon weg

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Entlang der S-Bahnstrecke finden sich die Überbleibsel der Konsumgesellschaft. Es ist und bleibt eine Sauerei

Von Jessica Morof

Leere Colaflaschen, verdreckte Einkaufstaschen, Kippenschachteln und zerrissene Chipstüten: Wer während der Fahrt mit der S-Bahn durch den Landkreis die Augen offen hält, der entdeckt einige unschöne Blüten unserer Wegwerfgesellschaft. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn leider haben die ehemaligen Besitzer und Konsumenten nicht daran gedacht, ihre Verpackungen wieder mitzunehmen und den Werstofftonnen Zuhause zuzuführen - oder sie wenigstens in die zahlreichen Mülleimer der Stadt zu entsorgen.

Aus Faulheit oder Ignoranz, vielleicht sogar aus Spaß oder weil es unter Jugendlichen als "cool" gilt, haben sie ihren Müll einfach hinter sich fallen lassen. Irgendwer wird es schon wegräumen, oder eben auch nicht. Auf jeden Fall hat sich das Problem mit dem Wurf über die Schulter für einen selbst erledigt. Und darauf kommt es doch an. Oder nicht?

Wer sich die Sonderausstellung "Abfall - Rohstoff von morgen" im Museum Wald und Umwelt in Ebersberg anschaut, weiß, dass das Konsum- und Wegwerf-Verhalten nicht auf Dauer gut gehen kann. Als hätte die Menschheit Rohstoffe und Platz von drei Welten zur Verfügung, verbrauchen sie ständig neue Produkte - und lassen die Reste oft ungenutzt liegen. Die Ausstellung möchte deshalb alle für einen bewussteren Umgang mit Rohstoffen sensibilisieren und zeigt dafür Bildern und Filme über das Ausmaß des Verhaltens: In afrikanischen Ländern arbeiten Kinder auf Mülldeponien aus unseren Resten und vergiften sich dabei selbst; die Weltmeere wimmeln von Plastikinseln aus weggeschmissenen Einmaltüten. Erschreckend, aber leider auch weit, weit weg von unserem Alltagsleben.

Dabei müsste der Blick gar nicht so weit gehen. Eigentlich sollten schon Bilder wie die entlang der S-Bahn-Strecke jedem die Augen öffnen. Doch nicht einmal die Sicht auf Müllhaufen direkt vor der Haustür scheint die Menschen zu interessieren. Die Frage ist also, wie man das Bewusstsein zu einem nachhaltigeren Leben überhaupt schaffen kann: Wenn die Menschen sich nicht einmal dafür schämen, die Chipstüte, die sie im ungeöffneten Zustand noch mit sich rumschleppen konnten, später einfach anderen vor die Tür zu werfen.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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