Kommentar:Guter Kompromiss

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Der Kompromiss am Kastensee, so er zustande kommt, ist erstrebenswert: Zwar bekommt niemand alles von dem, was er sich gewünscht hat, aber doch genug, um sich darüber zu freuen

Von Wieland Bögel

Plötzlich einsetzendes Tauwetter ist ja, wie ein Blick aus dem Fenster beweist, kurz vor Weihnachten durchaus nicht ungewöhnlich. Dass aber in der Frage, ob und wie es am Kastensee einen öffentlichen Zugang gibt, auch bald die Fronten auftauen, hätte noch vor ein paar Tagen wohl kaum jemand für möglich gehalten. Nun scheint es jedoch so, als ob alle Befürworter eines ganzjährigen Seezugangs ein etwas verfrühtes Weihnachtsgeschenk bekommen haben - und nicht nur sie.

Denn mit der nun erzielten Einigung geht eine beinahe sechs Jahre dauernde Hängepartie zuende. Dass es so lange gedauert hat, lag sicher auch daran, dass die Interessen aller Beteiligten ja durchaus berechtigt waren und sind. Wenn jemand einige hunderttausend Euro in seinen Betrieb investiert, ist es verständlich, dass er dafür bestimmte Sicherheiten möchte. Etwa, indem Neubauten eben auf eigenem und nicht auf fremdem Grund errichtet werden können. Um Garantien ging es auch den Kritikern eines reinen Grundstücksverkaufs am See. Sie wünschten sich, und dies kann man ebenfalls durchaus nachvollziehen, eine Lösung, die dauerhaft sicherstellt, dass nicht irgendwann irgendwer den Kastensee für die Öffentlichkeit sperrt. Schließlich ist ja nicht ganz auszuschließen, dass man es in ein paar Jahren oder Jahrzehnten - eine Perspektive, die man in der Politik schon im Auge haben sollte - mit einem neuen Eigentümer zu tun hat, der sich an alte Vereinbarungen nicht mehr gebunden fühlt.

Wie so oft, wenn beide Seiten irgendwie recht haben, zog sich das Verfahren in die Länge. Verschiedene Ansätze wurden erwogen und wieder verworfen, zuletzt sah es so aus, als würde sich in der Sache gar nichts mehr tun. Was für die Beteiligten aber auch für viele Beobachter etwas frustrierend war, gerade in einer Zeit, in der ja nichts länger dauern darf als ein Wisch oder ein Klick. Doch manchmal ist es vielleicht keine schlechte Sache, wenn es etwas länger dauert. Denn noch länger hätte es wohl die politische Debatte im Kreistag negativ beeinflusst, wenn dieser - wonach es ja anfangs aussah - mit knapper Mehrheit einem reinen Verkauf zugestimmt hätte. Umgekehrt wäre auch niemandem geholfen gewesen, hätte man nach der ersten Weigerung des Eigentümers, etwas anderes als den reinen Verkauf zu akzeptieren, für den es aber im Gremium keine Mehrheit gab, das ganze Thema vom Tisch gewischt. Schließlich bietet die beabsichtigte Modernisierung eines mehr als 60 Jahre alten Freibades gute Chancen, dass dieses auch noch ein paar Jahrzehnte länger zur Verfügung steht.

Darum wäre der nun gefundene Kompromiss, so er zustande kommt, wirklich so eine Art Weihnachtsgeschenk: Zwar bekommt niemand alles von dem, was er sich gewünscht hat, aber doch genug, um sich darüber zu freuen.

© SZ vom 19.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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