Kommentar:Günstige Gelegenheit

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Es gibt zwar die Finanzleitlinie, wonach der Landkreis von 2017 an ohne neue Schulden auskommen soll. Wenn aber dieses Ziel nicht erreicht wird, ist diese Entwicklung zwar unerfreulich - eine Katastrophe ist es aber lange nicht

Von Wieland Bögel

Über Geld spricht man nicht, heißt es. Aber es lässt sich gut darüber streiten, noch besser sogar über Schulden. Gerade bei der Frage, ob und wie viele Schulden die öffentliche Hand machen darf, gehen die Meinungen auseinander. Während die einen darin ein notwendiges Werkzeug sehen, ohne das keine Investition möglich ist, droht für die anderen lähmende Überschuldung, die zukünftige Investitionen unmöglich macht. Letzteres Szenario fürchteten die Ebersberger Kreisräte vor einigen Jahren, weshalb sie in ihrer Finanzleitlinie beschlossen, der Landkreis solle von 2017 an ohne neue Schulden auskommen. Wenn, wie sich nun zeigt, dieses Ziel nicht erreicht wird, ist diese Entwicklung zwar unerfreulich - eine Katastrophe ist es aber auch nicht.

Zumindest nicht, wenn das Schuldenmachen maßvoll erfolgt. Als die Kreisräte die Finanzleitlinie verabschiedeten, sah das noch anders aus. Da näherte man sich stetig der 80-Millionen-Euro-Grenze, was nicht nur mehr als zwei Drittel eines Jahresetats entsprochen, sondern bei den damals geltenden Zinssätzen die Handlungsfreiheit des Landkreises auch drastisch reduziert hätte. Allerdings war auch die Handlungsfreiheit bei der Frage, ob man die Schulden aufnehmen muss, weitgehend begrenzt. Denn es galt, ein millionenteures Sanierungsprogramm abzuarbeiten, dessen hohe Kosten Folge eines vorangegangenen Investitionsstaus waren. Oder anders ausgedrückt: Hätte man sich früher Geld geliehen, hätte man später weniger leihen müssen.

Gerade in der aktuellen Situation, wo Geld praktisch zinslos oder sogar mit Negativzins verliehen wird, ist dieses Argument nicht von der Hand zu weisen. Wer heute in den Bauunterhalt investiert, spart morgen, wenn die Zinsen wieder steigen und der Sanierungsaufwand höher ist, doppelt. Denn es ist sicher besser, mit günstigen Krediten für die Zukunft vorzusorgen als heute einer "schwarzen Null" nachzujagen und damit den nächsten Investitionsstau aufzubauen. Gerade bei den Schulen gibt es noch einiges zu tun, was wohl auch in späteren Jahren nicht ohne neue Schulden möglich wäre - nur sind diese dann eben wahrscheinlich deutlich teurer. Denn manchmal stimmt der alte Spekulantenspruch tatsächlich, wonach man Geld ausgeben muss, um welches zu verdienen - oder zu sparen.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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