Kommentar:Wettbewerb erlaubt

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Bei EU-weiten Ausschreibungen gehen die Aufträge manchmal ins Ausland. Das muss nicht zwangsläufig negativ sein

Von Christian Endt

Damit nicht alle Aufträge immer der Meier bekommt, nur weil der Meier ein Spezl vom Bürgermeister ist, ist irgendwann einmal die öffentliche Ausschreibung erfunden worden. Seither bekommt grundsätzlich derjenige Bewerber den Zuschlag, der das günstigste Angebot abgibt. Auch wenn's natürlich schad' ist für den Meier.

Wenn die Entsorgung des Altpapiers im Landkreis Ebersberg öffentlich ausgeschrieben wurde, hat sich über viele Jahre die Firma Ammer aus Zorneding durchgesetzt. Die haben das ordentlich gemacht, es gab keinen Grund zur Beschwerde. Bei der Bevölkerung sammelte Ammer Pluspunkte, weil er vielen Vereinen durch das Altpapiersammeln einen Zuverdienst ermöglichte. Vom kommenden Jahr an leert trotzdem eine andere Firma die Papiercontainer. Der französische Konzern Veolia hat ein billigeres Angebot abgegeben. Veolia ist ein gigantischer Mischkonzern, dem Kraftwerke, Kläranlagen und Eisenbahnen gehören. 24 Milliarden Euro Umsatz macht der Konzern im Jahr - Ammer macht 29 Millionen. So viel Kapitalismus ist vielen Menschen unheimlich. Sie haben es gern überschaubar und regional.

Allerdings ist es nicht ganz so, dass das Ebersberger Altpapier bald von einem Büroturm in Paris aus verwaltet wird: Veolia hat den Auftrag an ein Subunternehmen weitergegeben, die Firma Ehgartner mit Zweigstelle in Forstinning. Bei Ammer sagen sie, der Ausfall ist zu verkraften; niemand verliere seinen Job. Ehgartner dagegen will neue Leute einstellen. Unterm Strich profitiert der Ebersberger Arbeitsmarkt sogar von der ausländischen Übernahme. Der Großteil des Gewinns allerdings wird künftig nicht in Zorneding oder in Forstinning landen, sondern in Frankreich. Was sich der Landkreis spart, fehlt als Gewerbesteuer bei den Kommunen. Nachhaltig ist das nicht unbedingt. Waltraud Gruber von den Grünen schlägt daher vor, an den Vergabekriterien zu drehen, damit öfter lokale Anbieter zum Zug kommen. Grundsätzlich eine gute Idee. Die Verfahren werden dadurch aber auch aufwendiger und schlechter zu durchschauen.

Mit oder ohne Reform wird es gelegentlich vorkommen, dass sich ein auswärtiger Bewerber durchsetzt. Das muss auch so sein. Wettbewerb ist dazu da, dass sich alle mehr anstrengen und am Ende der Beste gewinnt. Auch wenn's natürlich schad' ist für den Ammer.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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