Kommentar:Glanzleistung vom Trockendock

Lesezeit: 1 min

Behörden und Ehrenamtlichen blieb nur wenig Zeit, sich auf die Ankunft der Flüchtlinge vorzubereiten - und sie haben diese Zeit sehr gut genutzt

Von Karin Kampwerth

Egal ob es die Bilder vom Jahrhunderthochwasser oder der Verwüstung vor wenigen Tagen in Affing durch einen Tornado sind: So etwas will niemand am eigenen Leib erleben müssen. Dennoch: Sollte wirklich einmal etwas Schlimmes im Landkreis passieren, muss einem nicht bange werden, denn die Helfer vor Ort sind bestens auf Krisensituationen vorbereitet. Es war tief beeindruckend, mit anzusehen, wie 73 Ehrenamtliche vom Technischen Hilfswerk in Markt Schwaben und dem Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes mit atemberaubender Professionalität die Turnhalle des Vaterstettener Humboldt-Gymnasiums in wenigen Stunden nur in eine Notunterkunft für 200 Flüchtlinge umwandelten.

Reibungslos klappte das alles, weil zu jedem Zeitpunkt die rechte Hand wusste, was die linke zu tun hat. Und weil die Verantwortlichen im Ebersberger Landratsamt die Vorarbeiten vorbildlich erledigt haben. "Wir haben Trockenübungen gemacht", sagte Stefanie Geisler angesichts dessen, wie sich die Turnhalle in Nullkommanix in ein sicheres Dach über dem Kopf für Menschen verwandelte, die - so kann man es angesichts der Kriege und Flüchtlingskatastrophen auf dem Mittelmeer wohl sagen - ihr nacktes Leben nach Deutschland und nach Bayern retten konnten. Auch, wenn einem angesichts der langen Stockbettreihen ein wenig mulmig zumute wird, falls man den Begriff der menschenwürdigen Unterbringung in seinen Überlegungen zulässt: Die Flüchtlinge haben es dennoch gut getroffen. Denn in Vaterstetten und auch im Landkreis Ebersberg gibt es viele Menschen, die mitfühlen und unterstützen wollen.

Nach den Hilfswerken sind das auch die Ehrenamtlichen vor Ort, die sich in den nächsten Tagen um die Flüchtlinge kümmern werden. Es sind die Schüler, deren Eltern und die Lehrer, die den für die Schule sicher nicht glücklichen Umstand hinnehmen, ohne in einen kollektiven Betroffenheitsaufschrei zu verfallen. Und es ist die Politik, die mit dem wohltuenden Mantra der Transparenz alle und jeden informiert, damit erst gar nichts aus dem Ruder laufen kann.

Natürlich wird es auch im Landkreis Ebersberg immer Menschen geben, die meinen, sich aufgrund des glücklichen Zufalls ihrer Herkunft das selbstherrliche Recht herausnehmen zu dürfen, über Leben und Tod, bittere Armut oder soziale Sicherheit entscheiden zu dürfen. So lange diesen Wenigen aber keiner zuhört, ist zumindest in Ebersberg die Welt in Ordnung - ein kleines bisschen sogar auch für Flüchtlinge.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: