Kommentar:Geschwindigkeit ist nicht alles

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Nun will Grafing also auf die Schnelle ein Verkehrskonzept erstellen lassen. Nur: Welche Ziele damit verfolgt werden sollen, darüber gibt es keinerlei Einigkeit

Von Thorsten Rienth

Als sich die Grafinger im Dezember 2008 per Bürgerentscheid für die Ostumfahrung aussprachen, waren die meisten einfach nur noch froh. Froh, dass da endlich eine Entscheidung gefallen war. Froh, dass das Votum eine jahrzehntelange Diskussion beendete, die am Ende eher Streiterei war. Wo es sein musste, wurde das Thema im Stadtrat zwar weiter behandelt. Das Gremium arbeitete Formalien ab, intervenierte beim Straßenbauamt hier und da für kleine Verbesserungen. Auf Drängen der CSU beschloss der Stadtrat sogar die Anbindung der Sportstätten. Ein Vorhaben, von dem die Verkehrsplaner sagen, es sei überflüssig. Ein großes Verkehrskonzept wollte aber niemand auf den Weg bringen.

So kam es, dass CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg am Dienstag mit einer gehörigen Portion Selbstkritik in die Sitzung gehen musste. "Was wir hier machen, hätten wir schon vor Jahren tun müssen." Recht hat er. Nur macht es wenig Sinn, jetzt mit irgendetwas loszulegen, damit irgendetwas getan ist.

Denn nicht einmal die CSU ist sich einig, was da eigentlich genau untersucht werden soll, und im gesamten Gremium sieht es ähnlich aus: Die einen reden von einem allumfassenden Verkehrskonzept. Andere haben vor allem den Marktplatz im Blick. Zwischendurch wurde mit einem Durchstich von der Glonner Straße zur Bahnhofstraße westlich der Gartenstraße ein gänzlich neues Fass aufgemacht. Dann ging es um mögliche Ampeln an der Marktplatz-Ostseite, über die man ja noch entscheiden müsste. Ein beachtlicher Teil des Bauausschusses weiß also nicht einmal, dass über jedwede Ampelregelung an dieser Stelle nicht der Stadtrat entscheidet, sondern das Straßenbauamt. In das Konzept interpretiert jeder hinein, was ihm gerade recht ist. Für eine spätere Entscheidungsfindung ist das ziemlich schlecht. Genau wie die zugrunde liegende Datenbasis der Verkehrszahlen - aus dem Jahr 2009.

Sinnvoller wäre, nach der Eröffnung der Ostumfahrung belastbare Verkehrszahlen zu erheben. Dann müsste man das Konzept nicht mehr mit Prognosen durchrechnen. Bei einer ohnehin jahrzehntelangen Verkehrsplanung sollten ein paar Monate verschmerzbar sein. Aber vielleicht ist das ja gar nicht gewollt. Damit man das Konzept der Planer noch ablehnen kann, wenn es nicht genehm ist. Siehe Grafinger Sportstättenanbindung.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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