Kommentar:Geben oder behalten?

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Die Bewohner der Kommunen sind auf Einrichtungen des Kreises angewiesen. Das wird nur leider bei den Haushaltsberatungen gern mal vergessen

Von Wieland Bögel

Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust", ließ Goethe seinen Doktor Faust klagen - und ähnlich geht es vielen Mitgliedern des Kreistages, wenn dort über die Kreisumlage debattiert wird. Für viele ist das ein Interessenkonflikt, jedenfalls für alle, die zu Hause Bürgermeister oder Gemeinderäte sind. Schließlich ist, was als Umlage an den Kreis fließt, das, was in der eigenen Kommune vielleicht fehlt, für den neuen Kindergarten, die neue Straße und andere Dinge, auf die man als Gemeinderat oder Bürgermeister von seinen Wählern gern mal angesprochen wird. Der Kreis scheint da ein bisschen weiter weg, weshalb die Kreis-Seele, um im Bild zu bleiben, meistens den Kürzeren zieht.

Für den Landkreis ist dies ein Problem, außer der Umlage sind seine Finanzquellen überschaubar. Mangels Flächen kann man eben keine Gewerbegebiete ausweisen oder Baugrundstücke verkaufen, wie es den Gemeinden möglich ist. Den Kreisräten ist dies natürlich bekannt, schließlich bekommen sie es in jeder Sitzung zu hören, in denen über die Umlage abgestimmt wird.

Auch hier kann man sich auf Faust berufen: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Und zwar der Glaube daran, dass Geldprobleme des Kreises auch Probleme seiner Kommunen sind. Deren Bewohner sind schließlich auf Einrichtungen des Kreises angewiesen. Noch immer sind die Folgen des Investitionsstaus der letzten beiden Wirtschaftskrisen nicht beseitigt, das Sanierungsprogramm für Straßen oder weiterführende Schulen geht weiter. Darum sollten die Kreisräte ein anderes Zitat aus dem berühmten Epos beherzigen: "Nur der ist froh, der geben mag" - damit den Schülern beim Faust lesen nicht das Regenwasser auf die Köpfe tropft.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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