Kommentar:Gartengrenzen mit Grenzen

Lesezeit: 1 min

Auch über Geschmack lässt sich streiten, etwa wenn es um massive Mauern am Straßenrand geht

Von Wieland Bögel

Das Thema Grenzschutz ist auf kommunaler Ebene angekommen - an den Gartengrenzen. Die werden immer massiver, wo früher Lattenzaun oder Hecke den privaten Rückzugsraum einhegte, muss es heute mindestens eine zwei Meter hohe Metallwand, eine Marmormauer oder ein Stapel Gabionen sein. Besonders die in Käfige gesperrte Kiesel erfreuen sich großer Beliebtheit - zumindest bei den Aufstellern. Bei anderen wächst angesichts der Mauerninflation eher das Gefühl der Beklemmung. Wenn Vaterstetten nun mit einer Satzung den Wildwuchs der Wände begrenzen will, ist das zunächst eine gute Idee - aber nur der erste Schritt.

Kritik an den neuen Vorschriften dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Etwa, was es die Gemeinde angehe, was Privatleute auf ihre Privatgrundstücke stellen, schließlich sei das eine Frage des Geschmacks und über den lasse sich nicht streiten. Oh doch! Die meisten Gemeinwesen kennen auch in Geschmacksfragen gewisse Vorgaben. Etwa in der Öffentlichkeit möglichst bekleidet aufzutreten, sich zu offensichtlicher Verdauungsgeräusche zu enthalten oder nicht zu sichtbar in der Nase zu popeln, da all dies die Mitmenschen stören könnte.

Ebenso störend kann auch eine zu aufdringliche Garteneinfassung wirken, weshalb ein Gemeinwesen durchaus übereinkommen kann, diese etwas einzuhegen. Zumal die nun in Vaterstetten diskutierten Vorschriften noch genügend Raum lassen, trotzdem maximale Privatsphäre auf seinem Grundstück herzustellen. So sind Hecken und Gebüsche ausdrücklich nicht begrenzt, wer gerne nackt im Garten Trampolin springen möchte, ohne dass die ganze Nachbarschaft dabei zusieht, muss dies künftig eben hinter einer grünen, statt einer grauen Einfriedung tun.

Allerdings funktionieren auch die besten Regeln nicht ohne Kontrolle. Und die kann teuer werden, im Bauamt rechnet man mit mindestens einer neuen Stelle. Spätestens wenn die in der Haushaltsberatung auf der Tagesordnung steht, wird sich zeigen, was der Gemeinde ihr Ortsbild wirklich wert ist.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: