Kommentar:Ganz nah dran

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Wer am Sonntag nicht zum Wählen geht, vergibt auch die Chance, die Weichen für den Landkreis richtig zu stellen

Von Wieland Bögel

Die "Qual der Wahl" ist eine beliebte Formulierung, wenn es um die durchaus nicht immer leichte Aufgabe geht, eine Entscheidung zu treffen. Auch am Sonntag dürfte das so manchen Ebersbergern nicht ganz leicht fallen, bei der Landtagswahl stehen immerhin zwölf Direktkandidaten und 17 Parteien auf dem Stimmzettel. Und um die Quälerei noch ein bisschen zu steigern: Der Ausgang der Wahl könnte sich so sehr auf den Landkreis auswirken wie wahrscheinlich selten zuvor.

Etwa bei dem derzeit wohl am intensivsten diskutierten Projekt, dem Windpark im Forst und der damit verbundenen Frage, wie viel Windkraft der Landkreis braucht. Eine kommende Staatsregierung könnte die umstrittene 10-H-Regel kippen, beibehalten oder - da auch jene zur Wahl stehen, die den Klimawandel für "Fake News" sowie Energiewende und Umweltschutz für geschäftsschädigend halten - vielleicht Windkraft und erneuerbare Energie insgesamt unmöglich machen. Nicht weniger selten als Kontroversen um Windkraft sind die Sorgen im Landkreis, dass dieser morgen unter lauter Neubau- und Gewerbegebieten nicht mehr zu erkennen sein wird. Ob Flächenverbrauch und Größenwachstum weiterhin als Indikatoren für wirtschaftlichen Erfolg gelten, wird ebenfalls davon abhängen, welche Koalition in der kommenden Legislaturperiode regiert. Auch wer sich jeden Morgen und jeden Abend über Staus auf den Straßen oder die überfüllten Busse und Bahnen ärgert, könnte am Sonntag dazu beitragen, dies zu ändern. Weiter so bei der Bevorzugung des Individualverkehrs - oder eine stärkere Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel: Die Folgen dieser Entscheidung werden die Ebersberger wohl besonders spüren. Nicht weniger die Antwort auf die Frage, ob der Wohnungsmarkt weiterhin allein dem Markt oder vielleicht auch dem Wohnen dienen soll - nicht ganz uninteressant für alle, die sich letzteres im Landkreis immer schlechter leisten können.

Es geht also um viel an diesem Sonntag, und die richtige Entscheidung zu treffen, mag sich wie eine Qual anfühlen. Aber eine, die es wert ist: Denn wer sich entscheidet, sich gar nicht zu entscheiden, könnte sich danach mit einem Ergebnis quälen, das es ohne Wahlabstinenz vielleicht nicht gegeben hätte.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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