Kommentar:Fragwürdige Verhältnisse

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Baudenkmäler sind per Gesetz instand zu halten. Doch manchmal machen die Behörden eine Sanierungen besonders schwer und legen dem Wohnungsbau damit Steine in den Weg

Von Christoph Hollender

Das bayerische Denkmalschutzgesetz regelt, was mit historischen Gebäuden geschehen darf und was nicht. Das Landesamt für Denkmalpflege und die Landratsämter führen diese Bestimmungen aus. An deren Vorgaben müssen sich die Besitzer denkmalgeschützter Gebäude also halten. Doch die Artikel des Gesetzes sind so formuliert, dass den Behörden ein gewisser Spielraum bleibt, den sie je nach Ermessen und Verhältnismäßigkeit nutzen können, wenn es um Baumaßnahmen an den schützenswerten Immobilien geht.

Gerade in Zeiten, in denen es im Münchner Umland an bezahlbarem Wohnraum mangelt, sollte der Ermessensspielraum im Einzelfall kreativ genutzt werden. Naturgemäß wünschen sich das die Besitzer von historisch wertvollen Gebäuden, die diese - Geschichte hin oder her - ein wenig ummodeln wollen. Das Verhältnis zwischen Denkmalschützern und Bauherren ist insofern nicht immer das harmonischste. Einen fruchtbaren Konsens mit den Eigentümern, um Wohnraum zu schaffen, wolle die Behörde nicht, so der Vorwurf von Betroffenen.

Im Fall einer Eigentümerin denkmalgeschützter Gebäude in Kirchseeon zeigt sich, welche Gratwanderung der Denkmalschutz sein kann. Damit die Eigentümerin das Dachgeschoss zu Wohnraum machen kann, müsste der Dachstuhl ein wenig nach oben versetzt werden. Das Landesamt für Denkmalpflege verbietet jedoch diesen Umbau. Die Begründung: Das historische Erscheinungsbild werde dadurch beeinträchtigt.

Zweifellos müssen historische Gebäude vor grobem Umbau oder gar Zerstörung geschützt werden. Dass jedoch ein Dachstuhl, der um nur einige Zentimeter angehoben werden soll, das Baudenkmal derart entstelle oder gar schädige, ist im Fall aus Kirchseeon nur schwer nachzuvollziehen. Eine Referentin des Landesamtes aus München hingegen ist fest davon überzeugt, dass dies so sei. Dass sie dabei auch sprachlich fragwürdige und wenig konsensorientierte Vorschläge gebracht haben soll - welche von Behördenseite auch nicht dementiert wurden - lässt das Landesamt für Denkmalpflege zusätzlich in einem schlechten Licht erscheinen.

Ein Blick in das Denkmalschutzgesetz verrät, dass Baudenkmäler instand zu halten sind. Das Gebäude so zu sanieren, dass es bewohnbar wird, ist dafür die beste Möglichkeit. Die Alternative heißt, das Gebäude leerstehen zu lassen - und das in Zeiten, in denen jede Wohnung mehr als gut täte.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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