Kommentar:Es geht auch weniger hässlich

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Eine Lärmschutzwand muss nicht zwingend scheußlich aussehen. Hier aber das richtige Augenmaß zu finden, ist eine verzwickte Angelenheit

Von Wieland Bögel

Der Unterschied zwischen drinnen und draußen erschließt sich dem Bahnpassagier oder dem Autofahrer nicht immer unbedingt: Fährt man gerade durch einen Tunnel oder vorbei an einer Lärmschutzwand? Diese sind in den vergangenen Jahren in großer Zahl entlang der Bahnstrecken und Straßen entstanden, wo früher der Blick auf Land- und Ortschaften traf, sieht man heute vor allem eines: Grau. Mehr als von den Fahrgästen und Autofahrern wird das zunehmend von den Nachbarn dieser Schutzwände als Problem empfunden; wer möchte schon neben einem hunderte Meter langen Betonungetüm wohnen. Daher ist es eine gute Entscheidung der Glonner Gemeinderäte, keine schnelle Entscheidung darüber zu treffen, wie man die Anwohner vor Straßenlärm schützen soll.

Dass ein solcher Schutz wünschenswert und nötig ist, daran besteht kein Zweifel. Der Verkehr auf Straße und Schiene hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stetig zugenommen und wird dies wohl auch künftig tun. Worüber sich natürlich weniger freuen mag, wer in Hörweite einer stark befahrenen Bahnstrecke oder Straße wohnt und das Gefühl hat, die Züge und Lastwagen donnern direkt durchs Schlafzimmer. Daher ist der Bau von Lärmschutzwänden grundsätzlich zu begrüßen. Was dabei aber leider zu oft auf der Strecke bleibt: auch eine Lärmschutzwand ist ein Gebäude und sollte sich möglichst störungsfrei in die bestehende Architektur einfügen. Stattdessen erinnern viel zu viele dieser zweifellos nützlichen Bauwerke an Impressionen aus der Zeit des Kalten Krieges: Der antifaschistische Schutzwall scheint als antiakustisches Bollwerk wieder auferstanden.

Auch die Glonner haben mit einem solchen Bauwerk schlechte Erfahrungen gemacht: die Lärmschutzwand entlang der Straße in Wetterling wird wegen ihres massigen Aussehens von den Anwohnern als "Fort Knox" verspottet. Es spricht daher für die Gemeinderäte, dass sie aus diesem architektonischen Fehler ihre Lehren gezogen haben und für die neue Lärmschutzwand eine gefälliger Variante bevorzugen. Die allerdings etwas teurer ausfallen dürfte als das Standardmodell. Davon sollten sich die Glonner nicht abschrecken lassen: Eine Gemeinde kann ihr Geld auch schlechter ausgeben, als für ein nicht bedrohliches Ortsbild.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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