Kommentar:Erst reden, dann fragen

Lesezeit: 2 min

Es ist gut und wichtig, dass die Umfahrung der Kreisstadt wieder auf der Agenda ist. Bevor der Stadtrat allerdings eine Entscheidung trifft, sollten möglichst viele Betroffene eingebunden werden

Von Wieland Bögel

Wer lang fragt, geht lang irr", behauptet eine Redensart, die auf die Suche nach der Ebersberger Nord-Süd-Umfahrung gut zu passen scheint. Kam die doch 2009 nicht ins Straßenausbauprogramm des Freistaates, weil sich die Stadträte zwischen den vielen Möglichkeiten nicht entscheiden konnten - also die Frage: "Welche Umgehung hätten's denn gerne?" nicht zu beantworten war. Nun soll das Problem erneut durch eine Frage gelöst werden, und zwar eine an die Ebersberger bei einem Bürgerentscheid. Ob und wann es zu einem solchen wirklich kommt, ist derzeit nicht absehbar - wohl aber, was in Vorbereitung zu tun ist, damit die Antwort wirklich hilfreich ist.

Würde jetzt abgestimmt, wäre dies nicht der Fall, zu unübersichtlich ist die Ausgangslage. Denn das ursprüngliche Problem besteht weiter: Immer noch sind mindestens acht Varianten - zwei im Westen, fünf im Osten und ein Tunnel - für die neue Straße denkbar. Allein die Anzahl der möglichen Trassen spricht schon gegen einen Bürgerentscheid, der lediglich bei Ja-Nein-Fragen funktioniert. Noch dazu dürfte jeder Befragte bei jeder Trasse ein oder mehrere Punkte finden, die missfallen. Was das Straßenbauamt Rosenheim im Übrigen schon 2009 in einer Stellungnahme zusammenfasste: Im Westen sind Probleme mit dem Naturschutz zu erwarten, außerdem seien diese Varianten nicht besonders effektiv. Im Gegensatz zum Tunnel, der aber nur funktioniert, wenn die Stadt selbst einiges an Geld investiert, etwa für den Lärmschutz und den Kauf von Grundstücken - zu Baulandpreisen. Im Osten wiederum werden Konflikte mit der Landwirtschaft erwartet, außerdem beeinträchtigten die dort möglichen Trassen ein beliebtes Naherholungsgebiet der Ebersberger.

Es bleibt also, wie so oft, die Wahl des geringeren Übels. Naturschutz gegen Naherholung. Nimmt man höhere Steuern in Kauf für weniger Lärm und Verkehr, so könnten einige der Abwägungen lauten. Dass sich dies in einem Bürgerentscheid leisten lässt, darf bezweifelt werden. Darüber zu reden, zu diskutieren und auch zu streiten, und das von möglichst vielen Leuten, ist dagegen eine gute Idee. Allerdings braucht es dazu das richtige Forum, der Stadtrat kann - und sollte - in dieser Frage nur die letzte Instanz sein. Vielleicht lohnte es sich, für die Umfahrung eine alte Idee wiederzubeleben: die Bürgerwerkstatt, wo Experten und Laien zusammenkommen und über für und wider der Umfahrungsvarianten beraten. Am besten so lange, bis keine Frage mehr offen bleibt, deren Antwort am Schluss in die Irre führt.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: