Kommentar:Einfache Lösungen sind gefragt

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Das System des Vaterstettener Wertstoffhofs hat zu gut funktioniert. So kam es, das manche Kunden es ausnutzten.

Von Wieland Bögel

In der Physik ist die Trägheit eine wichtige Größe, genau wie im Alltag. Man überlege nur, warum Dinge wie Kaffeekapseln, Fertignahrung oder der Online-Versandhandel trotz erwiesenermaßen verheerender gesamtgesellschaftliche Bilanz sich trotzdem so enormer Beliebtheit erfreuen. Ganz einfach: weil es so einfach ist. Dieses Prinzip sollten auch die Vaterstettener bei ihrem ansonsten sehr lobenswerten Plan, die Verschwendung etwas einzudämmen, beachten.

Das bisherige System hatte in puncto Trägheit einiges zu bieten. Wer alten Krempel zum Wertstoffhof fuhr, konnte dort gleich Abnehmer für einige Dinge finden, der Rest wanderte in die Container. Die Mühe, groß zu sortieren in nutzlosen Schrott und noch brauchbare Altwaren, konnte man sich sparen. Also quasi: ein Weg für alles und was weg ist, ist weg. Leider zeigte sich, dass dieses System zu gut funktionierte, um daneben einen geregelten Wertstoffhofbetrieb aufrecht zu erhalten - man kann auch sagen, dass die Trägheit mancher Nutzer, die ihren Kram nur noch irgendwo auf und sogar neben der Sammelstelle abluden, das System hat kollabieren lassen. Was schade ist, zum einen um die noch brauchbaren Sachen, die nun im Müll landen, zum anderen auch aus Gründen der Nachhaltigkeit, oder wie in diesem Fall eben deren Fehlen. Schließlich trägt der Wegwerfkonsum nicht unwesentlich zu vielen der Probleme bei, gegen die sich ja derzeit eine fast gesamtgesellschaftliche Allianz zumindest vorgeblich einsetzen möchte: Also Klimawandel, Umweltverschmutzung, Flächenfraß und Artenschwund.

Dass sich die Vaterstettener nun Gedanken machen, diesen unnützen Ressourcenverbrauch zumindest in der eigenen Gemeinde etwas einzuschränken, ist daher eine gute Sache. Egal ob am Ende eine Art virtuelles Schwarzes Brett auf der Gemeindewebsite oder ein offener Flohmarktplatz eingerichtet wird. Damit es aber funktioniert, gilt es, den Primat der maximalen Trägheit zu beachten: Soll es angenommen werden, dürfen die Nutzer nicht mehr Arbeit damit haben, als eine Fahrt zum Wertstoffhof - idealerweise sogar noch weniger.

© SZ vom 24.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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