Kommentar:Eine Aufgabe für viele Köpfe

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Der belastende Verkehr in der Innenstadt betrifft alle Ebersberger. Deshalb ist es gut, wenn auch viele von ihnen in der neuen Arbeitsgruppe mitreden dürfen

Von Wieland Bögel

Quot capitum vivunt, totidem studiorum - milia", auch gut zweitausend Jahre, nachdem der römische Dichter Horaz diesen Satz niederschrieb, kann man nur zustimmen: Es gibt so viele Meinungen wie es Köpfe gibt - Tausende. Nun wird die Teilnehmerzahl der neuen Arbeitsgruppe Verkehr in Ebersberg zwar sicher nicht vierstellig werden, derzeit geplant ist eine Runde mit 16 Teilnehmern. Doch weitere könnten folgen, was einige im Stadtrat kritisch sehen. Sie machen sich Sorgen, ob am Ende zu viele Köpfe und Meinungen dabei sind, um noch vernünftig arbeiten zu können.

Was einerseits kein ganz unberechtigter Einwand ist. Schließlich nimmt die Übersichtlichkeit einer Runde mit deren Größe nicht unbedingt zu. Ebenfalls nicht von der Hand zu weisen ist eine gewisse Präzedenzwirkung: Schließlich ist im Grunde die ganze Stadt vom Verkehr irgendwie betroffen, wodurch theoretisch die gesamte Einwohnerschaft Ebersbergs ein Anrecht auf einen Sitz in der Arbeitsgruppe hätte - die dann ungefähr so sinnvoll wäre wie eine Landkarte im Maßstab 1:1. Andererseits ist die Größe eines Gremiums nicht automatisch gleichbedeutend mit seiner Ineffizienz. Der Ebersberger Stadtrat, nur als Beispiel, hat 24 Mitglieder, der Kreistag sogar 60, trotzdem ist keines der beiden Gremien bislang im Chaos versunken.

Ebenfalls umstritten ist, mit wie vielen Meinungen sich die Köpfe in der Arbeitsgruppe befassen sollen. Die einen wollen nur über den motorisierten Verkehr und mögliche Umgehungsstraßen reden, die anderen auch über Radler, Fußgänger und, wo man schon dabei ist, über öffentliche Verkehrsmittel. Auch hier gibt es gute Argumente für beide Seiten: Einerseits kann man die Befürchtung verstehen, die Stadt würde in ein paar Jahren erneut nicht ins Ausbauprogramm der Staatsstraßen aufgenommen, wenn bis dahin kein Umgehungs-Konzept vorliegt. Andererseits ist fraglich, wann das nächste Ausbauprogramm kommt - und auch ob: angesichts der nach dem 14. Oktober möglicherweise nötigen Zugeständnisse der Staatspartei an einen eventuell weniger Individualverkehr-verliebten Koalitionspartner. Sinnvoll scheint daher, dass die Arbeitsgruppe zwar Umgehungspläne prüft, aber sich auch um kurzfristig machbare Verbesserungen bemüht.

Was wiederum dafür spricht, möglichst viele Teilnehmer aufzunehmen - allerdings vielleicht nicht gleichzeitig. Aber warum sollte die Arbeitsgruppe nicht in wechselnder Besetzung tagen oder Interessengruppen je nach Thema zu einzelnen Sitzungen einladen? Denn letztlich ist die Suche nach einer Verkehrsentlastung für Ebersberg eine Aufgabe, mit der man gar nicht zu viele Köpfe beschäftigen kann.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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