Kommentar:Ein wichtiger Schritt

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Gut, dass der Ebersberger Stadtrat sich nicht von nostalgischen Gefühlen leiten lässt und praktischen Überlegungen bei der Planung des Baugebietes Friedenseiche VIII den Vorzug gibt.

Von Annalena Ehrlicher

Woran lässt sich Heimat messen? An der prozentualen Dichte von rotgeziegelten Satteldächern in oberbayerischen Kleinstädten sicherlich nicht. Auch wenn Stadtrat Toni Ried - als Vorsitzender des Ebersberger Verschönerungsvereins natürlich völlig zurecht - im Technischen Ausschuss des Ebersberger Stadtrates diese Meinung vertrat. In der Diskussion um den Planungsentwurf für das neue Baugebiet Friedenseiche VIII stand er damit alleine da - und das ist in diesem Fall, mögen seine Einwände auch ihre Berechtigung haben, gut so.

Ein Stück Heimat werde mit dem Hang, nur noch nach "praktischen Gesichtspunkten" zu bauen, begraben, sagte Ried in seinem Plädoyer gegen Pultdächer. Wenn schon Nachverdichtung, dann doch wenigstens auf vertretbare Art und Weise, so sein Tenor. Gut, dass ihm die anderen Mitglieder des Ausschusses mit einem parteiübergreifenden Konsens entgegentraten, denn es gibt in Zeiten der Wohnungsnot einen Aspekt, der den ästhetischen aussticht: und das ist nun mal der praktische.

Nach Schätzungen des Landratsamtes aus dem Jahr 2015 wird der Landkreis in 20 Jahren mindestens 158 000 Einwohner haben - also zirka 20 000 mehr als heute. Billiger wird der Wohnraum angesichts dieser Prognose sicherlich nicht, und bereits heute liegen die Ebersberger Grundstückspreise im Vergleich mit anderen Gemeinden extrem hoch. Es wäre also - Heimatgefühle und ästhetisches Bedürfnis hin oder her - unverantwortlich, eine Entscheidung zu treffen, deren Maxime nicht die ist, möglichst viel bezahlbare Wohnfläche zu schaffen.

Wer Angst um die Heimat hat, kann sich mit dem Gedanken trösten, dass Ebersberg ohne seine Einwohner eine traurige Heimat wäre. Denn wenn die Preise in der Form weitersteigen, müssen sich gerade junge Familien zunehmend nach Alternativen umsehen. Daran würden auch Satteldächer mit roten Ziegeln nichts ändern.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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