Kommentar:Ein Fall für die Regionalliga

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Die Grafinger sollten bei der Berufsschulplanung ihre Parteiinteressen hintanstellen und gemeinsam mit den Landkreises Ebersberg und München ganz groß einsteigen - am besten mit einem progressiven Projekt wie dem Bau über einem bestehenden Parkplatz.

Von Thorsten Rienth

Die Berufsschule, für die sich Grafing bewerben will, soll die Bereiche Einzel-, Groß- und Außenhandelskaufmann abdecken, außerdem Lagerlogistik, Zahntechnik und Kfz-Mechatronik. Dazu kommen noch eine Fachschule für Kinderpflege sowie eine Fachakademie für Sozialpädagogik. Klappt der Plan, wird in Grafing ein wahres Bildungsfeuerwerk gezündet. Umso wichtiger, dass es im Stadtrat jetzt zügig um die konkreten Auswirkungen auf die Stadt geht: Was bedeutet eine 2000-Schüler-Schule für den - an der Einwohnerzahl gemessen kleineren - Ortsteil Grafing-Bahnhof? Für die Stadtplanung in Richtung Westen? Für die anderen Schulen? Für den lokalen Ausbildungsplatzmarkt? Deshalb muss schnell Schluss sein mit der Parteipolitik. Für die CSU zählt zum Beispiel seit Montag vor allem der Hinweis, dass die zündende Standortidee wohlgemerkt aus ihrer Feder stamme. So mag Kommunalpolitik funktionieren, nicht aber Regionalpolitik. Und sie ist die Liga, in der Grafing bei der Berufsschulplanung mitspielt.

Die konkrete Standortfrage und die Finanzierung sind dabei die Knackpunkte. Bislang war es im Landkreis Usus, dass Gemeinden die Grundstücke für ihre weiterführenden Schulen kostenlos zur Verfügung stellten. Das spricht nicht gerade für Grafing, dessen freies Finanzpolster dünn ist. Umso klüger ist vor diesem Hintergrund die Taktik, die Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) und CSU-Landtagsabgeordneter Thomas Huber ganz offensichtlich fahren. Sie stellten deutlich heraus, dass eine Berufsschulplanung keine Grafinger Planung sein könne, sondern vielmehr eine übergeordnete. Weder der Landkreis München, mit dem Grafing das Projekt in Zusammenarbeit planen würde, noch der Landkreis Ebersberg, können da ernsthafte Gegenargumente auffahren.

Trotzdem hätte Grafing Gelegenheit, der Planung einen ganz spezifisch-grafingerischen Anstrich zu verpassen. SPD-Stadtrat und Bauunternehmer Ernst Böhm wird mit seinem Mantra nicht müde, neue Gebäude im Sinne der Ressourcenschonung einfach auf bestehende Parkplätze aufzuständern. Seine progressiven Appelle verhallten bislang im Stadtrat, was sich jetzt schnell ändern könnte: Auf der Westseite der Gleise von Grafing-Bahnhof liegt ein ziemlich großer Parkplatz. Der Stadt gehört er auch. Ihn im Böhm'schen Planungssinne einzubinden könnte also gerade jene Option werden, die den großen Schulterschluss aller Grafinger Stadtratsfraktionen ermöglicht - und dabei den Landkreisen München und Ebersberg sowie natürlich Grafing selbst richtig Geld spart.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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