Kommentar:Ein Fall für den Papierkorb

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Ein anonymes Flugblatt zeigt, dass die Infoveranstaltung zu Flüchtlingen in Grafing dringend notwendig ist - auch wenn die Gegner von Flüchtlingsunterkünften bislang für Gegenargumente nicht offen waren

Von Thorsten Rienth

D er Mann, er wohnt in Schammach, ist ein gestandenes Mannsbild. Doch in die jüngste Grafinger Bürgerfragestunde ist er gekommen, weil ihn Ängste und Sorgen umtreiben. Einen regelrechten Keil würde der Stadtrat mit der Flüchtlingsunterkunft zwischen Grafing und seinen Ortsteil treiben, klagte der Schammacher: "Daran möchte ich nicht um ein Uhr früh nach dem Bürgerfest vorbei", sagt er.

Ängste sind das eine, Vorurteile das andere. Etwa eine Woche später liegt in einigen Grafinger Haushalten ein fremdenfeindliches Flugblatt. Auch dabei ist Angst im Spiel - die Angst des Verfassers, mit seinem Namen zu seinen Zeilen zu stehen. Zunächst einmal macht das Hoffnung. Denn es lässt darauf schließen, dass der Autor sich darüber im Klaren ist, wie wenig haltbar seine Thesen eigentlich sind.

Andererseits macht das anonyme Flugblatt auch deutlich, wie dringend nötig die für Donnerstagabend angesetzte Informationsveranstaltung ist - und eigentlich schon längst gewesen wäre. Vorurteile will die Stadt dort in Person von Bürgermeisterin Angelika Obermayr und verschiedenen Referenten nun endlich entkräften. Ängste und Sorgen ausräumen, indem ihnen Zahlen, Fakten und Erfahrungen mit vergleichbaren Unterkünften an anderer Stelle entgegengesetzt werden.

Eine gewaltige Aufgabe, die sich die Stadt da vorgenommen hat. Wirklich ermutigend sind die Aussichten auf Erfolg derzeit nämlich nicht. Weder die Protestler, noch jene Grafinger, die vor zwei Wochen erfolgreich eine Unterkunft in der Mühlenstraße verhinderten, waren bislang für Gegenargumente offen. Ihre Taktik ist es, ein Bedrohungsszenario herbeizureden, wo keine Bedrohung besteht.

Die E-Mail-Adresse, mit der das Flugblatt unterzeichnet ist, gehört übrigens zu einem Provider, der damit wirbt, anonymisierte Wegwerfadressen anzubieten. Wie passend. Man sollte das Flugblatt also einfach wegwerfen.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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