Kommentar:Durch die Hintertür

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Sylvia Boher darf trotz ihrer rechtspopulistischen Äußerungen weiter führende CSU-Ämter besetzen. Sieht so ein entschiedenes Distanzieren der Parteikollegen aus?

Von Carolin Fries

Fassen wir zusammen: Eine in den CSU-Gremien omnipräsente Kommunalpolitikerin hetzt in einem Parteiorgan haltlos gegen Flüchtlinge, beleidigt die Kanzlerin und den Bundespräsidenten und stellt das Engagement der Helferkreise infrage. Wochen später macht diese Frau weiter im Auftrag einer christlich-sozialen Partei Politik: im Gemeinderat in Zorneding, im Bezirksvorstand der Partei und im Kreisvorstand. Sylvia Boher sitzt weiter in den entscheidenden politischen Gremien, lediglich innerhalb der Zornedinger CSU hat sie - und das auch nur auf Druck - ihre Posten abgegeben. Das ist mehr als traurig, ganz besonders, weil die Christsozialen im Landkreis der festen Überzeugung sind, damit alles richtig gemacht zu haben.

Von allen Seiten in der Partei attestiert man der ehemaligen Ortsvorsitzenden, die nach wie vor die Presse und nicht ihre eigenen Äußerungen für die CSU-Krise verantwortlich macht, sie habe mit ihrem Rücktritt als Vorsitzende der CSU und FU in Zorneding Verantwortung übernommen. Doch wie soll das funktionieren, den von Landrat Robert Niedergesäß geforderten Schaden von der Partei, der Gemeinde und dem Landkreis abzuwenden, wenn Boher sowohl in der CSU, im Gemeinderat und im Kreisvorstand weiter führende Parteiämter besetzt? Sieht so ein entschiedenes Distanzieren aus, das sie alle in den Parteien so gerne zitieren? Von wegen: Fürs Publikum hat man sie vorne herausgeschmissen, während die Hintertür schon offen stand.

Die CSU-Fraktion im Gemeinderat hat sich mit Ausnahme von Johannes Schott bislang nicht von Bohers Äußerungen distanziert. Ist es da verwunderlich, dass sich die Fraktionen von Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP im Stich gelassen fühlen? Nicht nur sie fragen sich, was eigentlich passieren muss, bis die CSU wirklich etwas unternimmt gegen Rechtspopulismus in den eigenen Reihen. Und noch eine Frage geht den Zornedingern durch die Köpfe: Wie lange wird es dauern, bis Sylvia Boher wieder die Spitze des Ortsverbands in Zorneding übernimmt?

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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