Kommentar:Die Macht der Verbraucher

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Viele Menschen sind im Denken bereits weiter als die große Politik. Sie wollen nicht auf den Erfolg halbschariger Aktionen warten

Von Wieland Bögel

Darüber, wie viel Einfluss der oder die Einzelne auf die sogenannten "großen Dinge" hat, gehen die Meinungen auseinander. Hilft es wirklich gegen den Klimawandel, wenn ein einziger Mensch, statt ins Flugzeug zu steigen, mit der Bahn fährt? Rettet man die Bienen, wenn man als einziger in weiter Flur dem Löwenzahn im Garten nicht mit Glyphosat sondern mit der Schaufel zu Leibe rückt - oder das Unkraut gar wachsen lässt? Und wird die Umwelt wirklich sauberer, wenn die Einkäufe eines Einzelnen statt in Schichten aus Plastiktüten in mitgebrachten Verpackungen transportiert werden? Zumindest in Ebersberg gibt es viele Leute, welche die letzte Frage mit "Ja" beantworten.

Dort wollen immer mehr Kunden ihre Lebensmittel nicht mehr in Plastik verpackt nach Hause tragen. Und nicht nur Obst und Gemüse, die von Natur aus eigentlich meist schon sehr praktisch verpackt sind, auch Milchprodukte und sogar Wurst und Fleisch hätten viele gerne in wiederverwendbaren Behältern. Ein Anliegen, dem viele Einzelhändler nachkommen. Das ist einerseits logisch, denn Nachfrage bedingt das Angebot, andererseits zeigt es auch, dass Ladenbesitzer und ihre Kundschaft deutlich weiter sind, als die "große" Politik. Dort gibt es zwar auch Bestrebungen, Plastikmüll zu reduzieren - allerdings mit sehr überschaubarem Erfolg. So haben sich die EU-Staaten im vergangenen Jahr auf ein Plastik-Verbot geeinigt - doch das gilt nur für wenige Produkte und auch für diese erst vom übernächsten Jahr an. Einige Länder, etwa Österreich, gehen deutlich weiter, dort gilt ab 2020 ein Plastiktütenverbot. Hierzulande, so hat es das Umweltministerium erst vor wenigen Tagen wieder verkündet, setzt man auf die in der deutschen Politik so beliebte Selbstverpflichtung. Den Herstellern und Händlern wird nahegelegt, auf Plastik zu verzichten - aber wer nicht will, muss auch nicht.

Auf den Erfolg solcher halbschariger Aktionen zu warten ist vielen Menschen ganz offenbar nicht genug. Und es scheint, dass, wenn ganz viele Einzelne dieser Meinung sind, sich tatsächlich etwas ändern kann, man muss nur damit anfangen.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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