Kommentar:Die Geister, die sie rief

Viel zu lange hat die Partei mit den klar rechtspositionierten Sympathisanten geflirtet. Nun fällt es schwer, eine klare Grenze festzulegen.

Von Carolin Fries

Die Zornedinger CSU hat Sylvia Boher ihren Ausrutscher verziehen. Kann mal passieren, war doch gar nicht so gemeint, Schwamm drüber. So jedenfalls soll es in der Öffentlichkeit rüberkommen. Heimlich aber reibt man sich die Hände, hat man doch nur mal aufs Papier gebracht, was der Stammwähler so denkt. Der Zuspruch, den die Vorsitzende Sylvia Boher auf ihre rechtspopulistischen Äußerungen hin erfahren hat, ist groß, in der Bevölkerung und im Vorstand. Parteiaustritte gab es nur einen. Die wenigen Stimmen in der Partei, die schockiert sind? Klappe halten, einreihen.

Die CSU fischt damit längst nicht mehr am rechten Rand nach Stimmen, sie schwimmt genüsslich in der braunen Brühe und sieht keine Notwendigkeit, das lustige Tummeln zu beenden. Der Kreisvorsitzende Thomas Huber schaut weg. Er hat die Parole ausgerufen, bis zum Jahr 2016 ebenso viele Mitglieder im Landkreis haben zu wollen - und da ist Zorneding mit auf Kurs. Anstatt die Kollegen wachzurütteln und sich klar nach rechts abzugrenzen, lobt er, dass Sylvia Boher die Verantwortung übernommen habe - anstatt selbst Verantwortung zu übernehmen.

Viel zu lange hat die Partei mit Rechtspopulisten geflirtet. Nun fällt es schwer, eine klare Grenze festzulegen und diese zu kontrollieren. So wie Goethes Zauberlehrling, der hilflos seinen Meister anruft, als er seinen Besen nicht mehr unter Kontrolle hat: "Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los." Goethes Lehrling hat einen Meister, der die Geister kontrollieren kann. Die CSU könnte das auch, doch lässt sie diesen Spuk weiter zu.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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