Kommentar:Die Bahn kommt ins Gespräch

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Die Verhandlungen um den Lärmschutz werden sicher schwierig. Aber wichtig ist vor allem, dass sie nun endlich beginnen

Von Wieland Bögel

Die Bahn kommt, so ein alter Slogan des Schienenkonzerns, und offenbar kommt man gerade den Kommunen entgegen. Jedenfalls lässt sich so - mit etwas Optimismus - die neueste Entwicklung in der Dauerdebatte um mehr Lärmschutz interpretieren. Die ja bisher genau genommen eher ein Selbstgespräch war: Kommunen und Anwohner forderten mehr Lärmschutz, die Bahn reagierte, wenn überhaupt, mit Worthülsen und Textbausteinen, deren Bedeutung sich etwa übersetzen ließ mit: "Da könnte ja jeder kommen." Nun soll tatsächlich jeder kommen, bei zwei Auftaktveranstaltungen will die Bahn mit den Kommunen ins Gespräch kommen.

Erste Aussagen der Bahn klingen vielversprechend, es sollen "möglichst alle Interessen der Region Stimme und Gewicht haben", der Bahn sei "eine frühzeitige, kontinuierliche und intensive Information der Öffentlichkeit wichtig", die Trassenauswahl solle erfolgen "unter Einbindung der Bürgerinnen und Bürger". Was das genau bedeutet, wie weit dieses "möglichst" auszulegen ist, und wie weit die Bahn bereit ist, den Anliegern entgegenzukommen, geht daraus freilich nicht hervor - und darum sind die nun beginnenden Gespräche so wichtig. Landkreise, Städte, Gemeinden und auch Bürgerinitiativen und Arbeitskreise sollten diese Konkretisierung einfordern.

Für die Strecke zwischen Grafing und Großkarolinenfeld gibt es schon Konkretes: Dort soll laut Bahn "Lärmschutz gemäß der Lärmvorsorge" umgesetzt werden, also die für Neubaustrecken geltenden Regeln des Bundes-Immissionsschutzgesetzes angewandt werden. Wesentlich schwieriger dürfte es indes werden, dies auch für die Strecke zwischen Grafing und Trudering zu erreichen. Einmal aus formalrechtlichen Gründen, welche die Bahn auch in der Vergangenheit schon anführte: Es wird nichts neu gebaut, und ohne Neubaustrecke gibt es eben auch keine modernen Lärmschutz-Standards. Zum anderen aus praktischen Gründen: An manchen Stellen der durch dicht besiedeltes Gebiet führenden Strecke könnte einfach kein Platz für viel mehr Lärmschutz sein.

Wenn Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr nun erwartet, dass "ein komplizierter Prozess" bevorsteht, ist das vielleicht sogar untertrieben. Dass die Bahn einfach überall teure Lärmschutzmaßnahmen springen lässt, ist ebenso unwahrscheinlich wie, dass die Kommunen auf diese Maßnahmen verzichten wollen. Wie es trotzdem gelingen kann, dass in einigen Jahren mehr Güter auf der Schiene transportiert werden und die Bewohner neben den Gleisen trotzdem noch ruhig schlafen und sich in Zimmerlautstärke unterhalten können, darüber wird nun zu sprechen sein. Gut, dass endlich damit begonnen wird.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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