Kommentar:Die Angst ist da

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Der Angriff auf einen Döner-Imbiss in Ebersberg zeigt: Dunkel-Deutschland kann überall sein

Von Karin Kampwerth

Lange war es ruhig in Ebersberg. Auf die Frage nach rechten Umtrieben im Landkreis kam immer die gleiche Antwort der Staatsschützer: Alles gut. Nichts Auffälliges. Keine besonderen Vorkommnisse. Und dennoch: Da gab es das in ein Feld getrampelte Hakenkreuz bei Aßling. Da gab es die Hetzbriefe gegen die Zornedinger Grundschule, weil dort Flüchtlinge deutsch lernen sollten. Da gab es die Nazischmierereien an Grafinger Schulen. Wie gerne hätte man weiter Gras über diese Dinge wachsen lassen. Einzelfälle nur. Nichts, was darauf hindeuten könnte, dass es braunen Bodensatz auch im Landkreis gibt. Der aber ist am Freitagabend allen um die Ohren geflogen, die bislang dachten, dass rechte Gewalt nach Sachsen gehört, oder wenigstens ganz weit weg aus dem beschaulichen Ebersberg.

Am Freitagabend haben Nazis den Döner-Imbiss am Bahnhof in der Kreisstadt angegriffen. Zuvor gab es Pöbeleien gegen ausländisch aussehende Menschen, die mit der S-Bahn ankamen. Der Imbissbetreiber hatte da schon die Polizei gerufen. Doch als die Beamten eintrafen, waren die Rechten längst weg. Um wenig später mit Hammer, Holzstock und Messer bewaffnet zurückzukehren und die afghanischen Männer im Imbiss zu überfallen. Wenig später wurden zwar acht Tatverdächtige festgenommen - aber nach Aufnahme der Personalien wieder auf freien Fuß gesetzt.

Angesichts der menschenverachtenden Gewalttat kann man sich nur schwerlich der Lesart entziehen, dass die Gesetzeshüter auf dem rechten Auge blind sind. Denn wenn Neonazis Ausländer angreifen, dann tun sie dieses, weil in ihrer intellektuell überschaubaren Aufnahmefähigkeit die Menschenwürde auf eine deutsche Herkunft beschränkt ist. Vor anderen Nationalitäten haben sie keinen Respekt. Sie wollen einschüchtern, vertreiben und Schlimmeres wie in Ebersberg. Denn wer jemanden mit Hammer, Schlagstock und Messer angreift, nimmt in Kauf, dass das Opfer das nicht überlebt. Man muss wohl davon ausgehen, dass eine Anzeige einen radikalen Rechten nicht zur Vernunft bringt und ihm seinen Hass nimmt. Es ist kein gutes Gefühl, dass derart gewaltbereite Nazis in Ebersberg weiter frei herumlaufen.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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