Kommentar:Der Amtsmalus

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Was Georg Reitsberger auf seinem Hof so alles gemacht hat, hat früher niemanden interessiert. Seit er Bürgermeister ist, ist das anders - und das ist auch richtig

Von Wieland Bögel

Wo kein Kläger, da kein Richter. Nach diesem Motto ist auf dem Reitsbergerhof in den vergangenen Jahrzehnten so einiges entstanden. Meist aus Gutmütigkeit des Besitzers, der auf seinem Hof zahlreiche Veranstaltungen erlaubte, den vielen Dauernutzern so manchen Um- und Ausbau gestattete und auch selbst dabei mithalf, ohne lang nach einer offiziellen Genehmigung zu fragen. Gestört hat dies lange Zeit niemanden, daher gab es auch keinen Grund, irgend etwas zu verändern. Nun aber haben sich einige Dinge geändert, worauf nun alle reagieren müssen.

Zunächst natürlich für Georg Reitsberger selbst. Seit nunmehr fast zwei Jahren ist er nicht mehr nur Eigentümer eines beliebten Erlebnisbauernhofs, sondern Bürgermeister der größten Landkreisgemeinde. Für einen solchen gelten, man mag es gerecht finden oder nicht, andere Maßstäbe als für einen Privatmann. Die Frage, wieso das Bauamt nur wenige Monate nach Reitsbergers Wahl zum Bürgermeister seinen Hof so genau unter die Lupe nahm, bietet in diesem Zusammenhang zwar durchaus Anlass zur Spekulation, ist letztlich aber irrelevant. Reitsberger hätte damit rechnen müssen, dass er als Bürgermeister wegen seiner freizügigen Auslegung des Baurechts früher oder später Probleme bekommen würde. Probleme hat nun aber auch seine eigene Verwaltung, sie steht ein bisschen als Spielverderber dar, allerdings zu Unrecht. Denn die Zuständigen im Rathaus können gar nicht anders, als jetzt auf die Einhaltung der Vorschriften zu pochen. Denn auch hier und ganz besonders hier gilt der Bürgermeistermalus. Es wäre ein ausgemachter Skandal, wenn man der Verwaltung nachsagen könnte, sie würde beim eigenen Rathauschef beide Augen zudrücken. Aus diesem Grund fällt auch die Reaktion der Regierung von Oberbayern so rigide aus: Niemand will sich vorwerfen lassen, einen Amtsträger zu protegieren. Denn dies könnte die Mitarbeiter den Job und den Bürgermeister wohl auch sein Amt kosten. Zum anderen stehen die Behörden in der Verantwortung. Falls ein Unfall passiert, an dem die nicht ganz astrein ausgelegten Vorschriften schuld sind, sind auch all jene schuld, die davon wussten. Und dann geht es unter Umständen um mehr als den Verlust von Amt oder Job.

Nun gilt es, die Missstände abzustellen. Dazu sollten Bürgermeister, Gemeindeverwaltung und Regierung möglichst unbürokratisch und möglichst schnell eine Lösung finden. Und vor allem möglichst so, dass sich keiner mehr mit Erfolg beklagen kann.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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