Kommentar:Den anderen zur Warnung

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Die Grafinger Umfahrung zeigt, dass im dicht besiedelten Landkreis die Entlastung der einen immer die Belastung der anderen ist

Von Thorsten Rienth

Nun liegt das Lärmschutzthema der Grafinger Ostumfahrung also auf dem wichtigsten Schreibtisch des Bezirks Oberbayern, dem von Regierungspräsidentin Brigitta Brunner. Dorthin gehievt hatte es Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der mit dieser Umgehung herzlich wenig zu tun hatte. Als die neue Straße - nach den Vorgängen um den wieder geöffneten Kapser Berg darf man es so nennen - passend gemacht wurde, war der Landrat noch Bürgermeister in Vaterstetten. Niedergesäß bringt also den großen Vorteil einer gewissen politischen Neutralität mit.

Dass er damit umzugehen weiß, fiel schon im September bei der Eröffnung der Trasse auf. Staatssekretär und Landtagsabgeordneter bejubelten das Bauwerk. Niedergesäß, wenngleich unterm Strich zu den Unterstützern gehörend, reflektierte kritisch. Das ist auch jetzt seine Strategie gegenüber der Regierung von Oberbayern: Der Weg zum Vertrauen in die freistaatliche Straßenplanung verlaufe über Transparenz und die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, mahnt er. In der Tat ist es für den Normalbürger wenig nachvollziehbar, warum Lärmschutzfragen lediglich auf Basis von Durchschnittsberechnungen, nicht aber mindestens auch von Lärmmessungen entschieden werden. Niedergesäß knüpft daran die Bitte um einen Probebetrieb bei erlaubten 70 statt 100 Kilometern. Die Zeit würde er gerne auch für konkrete Lärmmessungen nutzen. Dann werde sich ein etwaiger Unterschied ja zeigen - oder eben nicht.

Ganz gleich, wie die Entscheidung im Regierungspräsidium ausfällt: Die Nachwirkungen der Grafinger Ostumfahrungseröffnung müssen Warnung an andere Landkreisgemeinden sein - vor allem diejenigen, deren Umgehungsplanungen sich gerade dort befinden, wo Grafing vor zehn oder 15 Jahren stand. Vaterstetten und Forstinning sind das aktuell. Wer dort meint, im dicht besiedelten Münchner Speckgürtel noch, so nannte man es in Grafing, "bürgerfreundliche" Umfahrungen bauen zu können, sitzt einem gewaltigen Irrtum auf.

© SZ vom 06.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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