Kommentar:Das kleinere Übel wählen

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Wen es um das große Ganze geht, muss man manchmal über seinen Schatten springen. Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) hat das bei der Debatte über die Parsdorfer Umfahrung erkannt

Von Wieland Bögel

Weniger ist mehr, nach diesem Motto hat der Vaterstettener Gemeinderat nun eine Umplanung der Parsdorfer Umfahrung auf den Weg gebracht. Möglich wurde dies, weil die Umweltbehörden hartnäckig mit der Autobahndirektion verhandelt haben, so dass der nördliche Teil des umstrittenen Straßenbauprojektes nun deutlich umweltschonender umgesetzt werden kann, als bisher geplant. Einigen im Gemeinderat reichte dies indes nicht aus, sie verweigerten der Umplanung ihre Zustimmung - und übersahen dabei ein wichtiges Detail.

Klar ist, auch in der neuen Variante bleibt die Umfahrung ein gewaltiges Bauwerk mit ungelösten Problemen. Flächenverbrauch und Kosten sind immens, und ob die neue Straße wirklich die Entlastung bringt, die sie verspricht, wird sich noch zeigen müssen. Ebenfalls offen ist auch, ob Vaterstetten mit seiner neuen Umgehung eine bequeme Abkürzung zwischen A 99 und Wasserburger Landstraße schafft. Die Folge wäre mehr Durchgangsverkehr in Baldham und Vaterstetten. Nicht zuletzt ist die Umfahrung auch eine große finanzielle Belastung für Vaterstetten. Zwar könnten laut Bauamt von den insgesamt 18 Millionen Euro am Ende nur fünf Millionen aus der Gemeindekasse beglichen werden müssen. Dennoch entspricht diese Summe rund einem Zehntel des jährlichen Gesamthaushaltsvolumens der Großgemeinde.

Doch trotz all dieser Probleme ist die nun beschlossene Trasse ein Fortschritt. Gegenüber der bisherigen Planung wird deutlich weniger Fläche verbraucht und das Biotop nicht in einen Betonring eingepfercht. Durch die kürzere Strecke dürfte außerdem der Anreiz für Autofahrer, sich eine Ausweichroute zu suchen, deutlich abnehmen, was die neue Straße ein Stück weit effektiver machen könnte. Daher wären auch die Gegner des Straßenprojekts gut beraten gewesen, der Umplanung zuzustimmen. Denn mit ihrer Ablehnung haben sie ja nicht die Umgehung per se abgelehnt. Deren Bau ist längst beschlossen worden. Stattdessen haben sie der Verbesserung ihre Stimme verweigert. Im Klartext: Hätten sie nun eine Mehrheit im Gemeinderat gefunden, die Straße wäre trotzdem gebaut worden - aber eben in der schlechteren, weniger umweltverträglichen Variante mit der flächenfressenden Nordspange rund ums Biotop.

Erkannt hat diesen Zusammenhang dagegen Bürgermeister Georg Reitsberger offenbar als einziger der Umfahrungsgegner. Er bekräftigte im Gremium ausdrücklich, dass er weiterhin nicht damit einverstanden sei, dass die Straße gebaut werden soll. Gleichzeitig sehe er aber auch, dass die neue Variante besser ist als die alte. Seine Überzeugungen hat er damit nicht verraten, ganz im Gegenteil. Bürgermeister Reitsberger hat eine Verantwortung bewiesen, die den übrigen Umfahrungsgegnern offenbar abgeht: Das kleinere Übel zu wählen, auch wenn es schmerzt, um damit das größere abzuwenden.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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