Kommentar:Das Große im Kleinen

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Die Parteien rücken auch in der Kommunalpolitik stärker in die Mitte. Das schafft an den Rändern Platz

Von Wieland Bögel

Auch wenn das Wetter derzeit noch nicht danach ist, lohnt sich aus aktuellem Anlass eine Beschäftigung mit Speiseeis - wenn auch nur theoretisch. Und zwar in dem bekannten Gedankenexperiment mit den zwei Eisverkäufern am Strand, einer am rechten, einer am linken Rand. Um den Kundenstamm zu erweitern, wird, so die Theorie, irgendwann einer der beiden beginnen, Richtung Mitte zu wandern und der andere notgedrungen folgen. So lange, bis beide in der Mitte stehen, um den gleichen Kundenkreis werben und Platz geschaffen haben für neue Konkurrenten an den Rändern. So ist es in der "großen" Politik seit geraumer Zeit und auch auf Kommunalebene wird diese Entwicklung immer deutlicher.

Zwar sind die Zeiten lange vorbei, dass die allein seligmachende Staatspartei jeden Gemeinde- und Stadtrat sowie die Kreistage dominierte. Dennoch war die Gruppe der konkurrierenden Eisverkäufer meist überschaubar: Freie Wähler und lokale Listen, die SPD und seit einigen Jahren zunehmend auch die Grünen. Doch gerade bei letzteren zeigt sich das Problem des Eisverkäufers: Die Wanderung in die Mitte ist Gewinn und Verlust zugleich.

Zu beobachten war dies im Landkreis erstmals vor sieben Jahren und ausgerechnet in der Hochburg der Ökopartei: in Grafing. Dort waren die Grünen 2008 noch zweitstärkste Fraktion geworden - Ende 2011 spaltete sich diese. Anführer der Abtrünnigen war damals Heinz Fröhlich, der seitdem mit seiner eigenen Liste im Stadtrat vertreten ist.

Das konnte man damals noch als spezielles Grafing-Phänomen unter Ex-Parteifreunden werten, unter anderem stritt man um den Zugriff auf die Bürgermeisterkandidatur. Doch im vergangenen Jahr ließ Fröhlich sich als Landtagskandidat für die Linkspartei aufstellen, machte seinen früheren Weggefährten also auch überregional Konkurrenz. Ob er für die Linke auch bei der kommenden Stadtratswahl antreten wird, bleibt abzuwarten. Ein anderer aus dem Grünen-Spektrum, Vincent Kalnin, hat dies nun offiziell angekündigt. Mit dem Verweis auf seine linken Positionen - die offenbar bei den Grünen auf ihrem Weg in die Mitte offenbar etwas im Sand verschwunden sind.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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