Kommentar:Besser als Berlin

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Kostensteigerung, Zeitverzögerung: Ebersberg schafft es mit seinem Sparkassengebäude in die Riege berüchtigter Großprojekte

Von Wieland Bögel

Der Landkreis Ebersberg hat es geschafft. Zahlreiche Auszeichnungen hat er schon errungen, etwa vom Focus Money, der Ebersberg voriges Jahr unter dem Titel "Idylle mit Wumms" zur wirtschaftsstärksten Region Deutschlands erkoren hatte. Und diese Wirtschaftskraft wird man auch noch gut brauchen können, denn mittlerweile spielt der Landkreis überdies in einem anderen Bereich in der Oberliga, gleichzusetzen mit Hamburg oder Berlin: bei der Preissteigerung bei Großprojekten. Um bis zu 700 Prozent könnte das Sparkassengebäude teurer werden. Das ist eine Klasse, wie sie sonst nur Elbphilharmonie oder Berliner Flughafen erreichen.

Zugegeben, dass der Landkreis wirklich 110 Millionen Euro - etwa das Doppelte des Jahresbudgets - in den Sparkassenbau steckt, dürfte unwahrscheinlich sein. Schließlich ist das die Maximal-Lösung, das "Worst-Case-Szenario", wenn man so will. Nur: Sehr viel angenehmer sind die nun den Kreisräten vorgestellten anderen Möglichkeiten auch nicht. Die billigste läge bei 20 Millionen, selbst wenn weitere Einsparungen gelingen, dürften es also nicht viel weniger als 15 Millionen sein - plus X. Denn noch weiß keiner, welche Kostenfallen in dem Bau noch lauern, vielleicht fällt morgen die Heizung aus, die Elektrik spinnt, oder es tauchen noch mehr Altlasten auf.

Neben den Kosten gibt es noch zwei Gemeinsamkeiten mit den großen Projekten der Metropolen: Erstens, sie wurden verursacht durch Versäumnisse der Verwaltung. Im Ebersberger Fall wollte man so schnell Ergebnisse sehen - und vorzeigen -, dass keine Zeit für eine auch nur ansatzweise gründliche Prüfung war. Und zweitens der Zeitplan - beziehungsweise dessen Nichteinhaltung. Eigentlich sollten die Landratsamtmitarbeiter inzwischen längst in ihren neuen Büros im Sparkassenbau sitzen, Mitte dieses Jahres hätte der Umzug über die Bühne gehen sollen. Nun ist mit etwa 50 Monaten zu rechnen - ab dem Zeitpunkt, an dem die Bauarbeiten, egal in welcher Variante, wirklich starten können. Rechnet man noch die Zeit für Beratungen und Beschlüsse im neuen Arbeitskreis, in den Ausschüssen und im Kreistag selbst dazu, sowie die Dauer der Ausschreibungen, könnte es gut und gerne fünf, sechs oder mehr Jahre dauern, bis das Sparkassengebäude dem Zweck dient, für den es der Landkreis erworben hat.

Das dürfte auch der Grund sein, warum Landrat Robert Niedergesäß (CSU) bereits seit Wochen laut und lauter über einen Verkauf der Immobilie nachdenkt. Damit wäre zwar das Problem des Platzmangels im Landratsamt auch nicht gelöst, aber der Landrat hätte sich eine Auszeichnung vom Hals geschafft, auf die er im kommenden Wahlkampf vermutlich gerne verzichten würde.

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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