Kommentar:Beispielhafte Poinger

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Die Poinger gehen mit gutem Beispiel voran und würden notfalls ihren Volksfestplatz für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Das ist beschämend für Gemeinden, die sich weiter wegducken, obwohl sie noch gar keine Flüchtlinge beherbergen

Von Barbara Mooser

Man kann sich gut vorstellen, dass dieses Thema dem Bürgermeister und den Gemeinderäten schon manche schlaflose Nacht bereitet hat. Denn die Bürgerinnen und Bürger verhehlen in der Regel nicht, wenn sie mit ihren gewählten Repräsentanten unzufrieden sind: Straße zu holprig, Ampelschaltung schlecht, Parkplatzsituation kritisch, ein Bebauungsplan nicht im eigenen Sinne? Da werden schnell böse Mails und Briefe an die Lokalpolitiker geschrieben, da fällt auch so manches deutliche Wort am Telefon. Leicht kann man sich da ausmalen, dass auch die Entscheidung, den Volksfestplatz als Standort für eine Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen, vorsichtig ausgedrückt, nicht nur auf positive Reaktionen stoßen würde - schließlich geht es ja möglicherweise auf Kosten von Brauchtumspflege und Tradition, heilige Kühe also in Bayern.

Dass sich der Poinger Gemeinderat - bei aller vorhandenen Skepsis - dieser Idee nun nicht grundsätzlich verschließt, ist deshalb ein wichtiges Signal. Poing ist auch die einzige Gemeinde, die das Thema bisher überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt hat - andere Kommunen im Landkreis, insbesondere diejenigen, wo bis heute kein einziger Asylbewerber lebt, könnten sich daran ein gutes Beispiel nehmen. Denn es geht schließlich nicht darum, irgendjemandem leichtfertig den Spaß zu verderben - vor allem, weil es das erklärte Ziel des Landkreises ist, die Halle möglichst vor der Festsaison wieder abzubauen. Es geht darum, eine Situation zu bewältigen, wie man sie noch vor zwei Jahren nicht ansatzweise erahnen konnte. Natürlich kann man mit Recht darauf verweisen, dass sich in der Flüchtlingspolitik etwas tun muss, dass andere Länder - oder Bundesländer - mehr Verantwortung übernehmen müssen. Aber das nutzt in der konkreten Situation rein gar nichts: Jede Woche fährt ein Bus mit 41 Flüchtlingen im Landratsamt vor, für diese gilt es, eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten. Keine Gemeinde darf den Landkreis bei dieser großen Aufgabe im Regen stehen lassen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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