Kommentar:Autobahn in Scheibchen

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Eine vierspurige Straße nach Haag ergibt nur Sinn, wenn die Marktgemeinde nicht End- sondern Durchgangsstation für den Verkehr ist

Von Wieland Bögel

Haag ist eine Reise wert. Die Marktgemeinde mit knapp 6000 Einwohnern im Landkreis Mühldorf verfügt beispielsweise über eine alte Burg gleichen Namens mit eindrucksvollem Turm und eine neugotische Pfarrkirche. Auf Wanderungen rund um Haag kann man die Natur und den Blick auf die Alpenkette genießen. Dass diese Sehenswürdigkeiten aber so viele Touristen anlocken, dass man dafür eine neue vierspurige Straße von Landshut nach Haag bauen müsste, darf - ohne den Haagern zu nahe treten zu wollen - durchaus bezweifelt werden. Wenn nun aber genau eine solche Straße in der jüngsten Fassung des Bundesverkehrswegeplanes auftaucht, stellen sich einige Fragen.

Die erste natürlich nach dem Warum? Die Straße nach Haag ergibt eigentlich nur Sinn, wenn die Marktgemeinde nicht End-, sondern Durchgangsstation für den Verkehr ist. Auf diese Erkenntnis folgt die nächste Frage: Wohin soll der Verkehr nach Süden abgeleitet werden? Bisher lautet der offizielle Plan, die Autos auf eine ertüchtigte B15 Richtung Rosenheim und weiter auf die Autobahn zu schicken. Wenn nun aber bis Haag eine Art von Autobahn verläuft, die anschließend zu einer zwei bis dreispurigen Landstraße wird, ist das eine Stau-Garantie. Sinnvoll wäre der vierspurige Ausbau im Norden also nur, wenn auch im Süden in gleicher Größe ausgebaut wird. Und da gibt es ein Problem - ein Platzproblem, um genau zu sein. Die bislang favorisierte Ertüchtigung der alten B15 zwischen Haag und Rosenheim wird vierspurig nicht auf der bestehenden Trasse möglich sein, zumindest nicht auf voller Länge. Entstehen würde also entweder eine Reihe stauträchtiger Nadelöhre - oder man müsste eine neue Trassenführung finden.

Weist die nun bekannt gewordene Verbreiterung der B15 im Norden also auf einen Ausbauplan deutlich größeren Ausmaßes hin, als bisher kommuniziert wurde? Und falls ja, wäre dann auch ein Streckenverlauf durch den Landkreis Ebersberg denkbar? Über diese Fragen lässt sich derzeit nur spekulieren. Ganz ausschließen lässt sich beides nicht. Es bleibt der Verdacht, dass hier mittels der bewährten Salamitaktik ein neuer Autobahnbypass entstehen soll.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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