Kommentar:Aus fremden Fehlern lernen

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In Zorneding hat sich die Deutsche Glasfaser nicht mit Ruhm bekleckert - anderen Gemeinden sollte dies eine Lehre sein

Von Anselm Schindler

Zorneding bekommt Glasfaser!", frohlockte Bürgermeister Piet Mayr am 20. Februar auf seiner Facebook-Seite. Darüber viele Ausrufezeichen, darunter der Hinweis, dass weitere Infos veröffentlicht würden, sobald man mehr wisse. Was seither passiert ist? Fast nichts. Deshalb sind die Menschen, die in Zorneding künftig schneller surfen wollen, verständlicherweise genervt.

Seit vergangenem Sommer hatten Gemeinde, Lokalpolitiker, und natürlich allen voran die Deutsche Glasfaser GmbH selbst für den Ausbau in Zorneding mobilisiert. Es ging darum, dass 40 Prozent der Zornedinger Haushalte vorab einen Glasfaseranschluss beantragen sollten. Nur bei Erreichen dieser Quote könne das Unternehmen den Bürgern der Gemeinde "das Netz der unendlichen Möglichkeiten" bieten - so warb die GmbH auf Werbetransparenten.

Das war damals die Vorbedingung. Die Quote wurde knapp erreicht, auf einer Infoveranstaltung sollte das Ergebnis offiziell bekannt gegeben sowie das weitere Vorgehen von Gemeinde und Glasfaser erklärt werden, hieß es damals von der Firma. Das war Ende Februar, dann wurde die Veranstaltung kurzfristig abgesagt, seither haben viele Bürger nichts mehr von der Glasfaser gehört. Aus den auf Plakaten versprochenen "unendlichen Möglichkeiten" sind seither gefühlt "unendliche Wartezeiten" geworden. Die Mitarbeiter an der Info-Hotline sind zwar freundlich - wenn man sie denn ans Telefon bekommt. Doch einen Zeitraum, in dem die Zornedinger Haushalte auch konkret angeschlossen werden, können sie nicht nennen. Die Anfangseuphorie ist verflogen, viele Zornedinger merken: Die Inszenierung des Kampfes zwischen dem Kupferdraht-Mordor Telekom und den edlen Rittern der Deutschen Glasfaser war doch arg überzeichnet.

Es wirkt in diesem Zusammenhang auch etwas skurril, wenn sich Peter Pernsteiner, FDP-Gemeinderat und Bundestagskandidat, jetzt öffentlich über die Glasfaser auslässt, schließlich hatten er und Bürgermeister Piet Mayr die Werbetrommel am lautesten gerührt. Man kann den beiden nicht anlasten, dass sie Werbung für das Projekt gemacht haben, sie sind auch nicht verantwortlich, dass die Deutsche Glasfaser kaum mit Informationen herausrückt. Doch offenbar hat die Gemeinde der GmbH bei der Planung des Projektes zu viel Vertrauen geschenkt und zu wenig konkrete Absprachen getroffen. Anders lässt sich nicht erklären, dass das Unternehmen Monate nach dem Knacken der 40-Prozent-Quote offenbar noch nicht einmal weiß, wie die Breitbandversorgung im Gewerbe- und Wohngebiet im Nordwesten der Gemeinde aussehen soll. Die Menschen die dort leben sind darüber zu Recht wütend.

Immerhin: Die ganze Angelegenheit hat auch etwas Gutes. In den Gemeinden Oberpframmern, Moosach, Glonn, Egmating und Bruck, wird gerade darüber beraten, wie eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Glasfaser konkret aussehen könnte. Diese Gemeinden haben den Vorteil, dass sie aus den Fehlern, die in Zorneding gemacht wurden, lernen können.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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