Kommentar:Aus Fehlern lernen

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Wenn die Ostumfahrung allen Grafingern nützen soll, muss der Stadtrat in Lärmschutz investieren

Kommentar von Thorsten Rienth

Wer Straßen mag, dem musste es am 20. September 2017 in Grafing richtig warm ums Herz werden: Erst jubelte Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck die Grafinger Ostumfahrung zum Leuchtturmprojekt der regionalen Infrastruktur empor. Dann, als die Honoratioren die Scheren in die Hände nahmen und das weißblaue Band durchschnitten, das die Elf-Millionen-Konstruktion absperrte, setzte die Stadtkapelle zur Bayernhymne an. Möge die Grafinger Zukunft beginnen!

Diese Zukunft sieht so aus, dass die Rotter Straße - gefühlt - deutlich weniger stark belastet wird, als prognostiziert. Aber dass der Lärm entlang der neuen Trasse - gefühlt - deutlich lauter ist, als vorher behauptet. Deshalb sind die Anwohner am Ortsteil Engerloh jetzt ebenfalls laut geworden: Sie machten auf der Grafinger Bürgerversammlung und in der Bürgerfragestunde den Mund auf. Entweder es komme ein Tempolimit oder eine Lärmschutzwand, forderten sie. Die zusätzliche Wand hat das Straßenbauamt bereits vorvergangene Woche kategorisch ausgeschlossen. Das gleiche machte das Landratsamt nun mit der Geschwindigkeitsbegrenzung.

Ob es bei den Engerlohern bald leiser wird oder auf Jahrzehnte laut bleibt, liegt jetzt an niemand anderem mehr, als den Stadträten. Problemlos könnten sie entlang der Straße ein paar hundert Meter Lärmschutz beauftragen. Die Stadt müsste sie - da eine freiwillige Leistung - lediglich selber bezahlen. Für ein Gremium, das eine halbe Million Euro für eine Sportstättenanbindung ausgeben kann, obwohl Verkehrsplaner sie als überflüssig bezeichnen, erscheint das machbar.

Parteipolitisch betrachtet bringt der Engerloher Bürgerantrag allen voran die CSU in Bedrängnis, die sich stets ja für die Umfahrung eingesetzt hat: Die CSU-Wortführer strapazierten über Jahre den Werbespruch von der "bürgerfreundlichen" Straße. Ganz so bürgerfreundlich scheint die Umgehung nun aber nicht zu sein. Wenn die CSU, immerhin stärkste Fraktion im Stadtrat, es damals also ernst gemeint hat, muss sie jetzt auch so konsequent sein und für den zusätzlichen Lärmschutz votieren.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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