Kommentar:Auf die Größe kommt es an

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Der schrittweise Ausbau der Nahwärme in Vaterstetten ist für die Akzeptanz bei den Bürgern sinnvoller. Und für die Kasse der Gemeinde

Von Wieland Bögel

Wenn Du es eilig hast, gehe langsam, wenn Du es noch eiliger hast, mach einen Umweg, so ein altes japanisches Sprichwort. Dass da durchaus etwas dran ist, zeigt sich gerade in Vaterstetten. Dort, wie überall im Landkreis, arbeitet man an dem Ziel, bis Ende des kommenden Jahrzehnts unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. In Vaterstetten macht man sich nun auf den Weg dahin - in kleinen Schritten nach einem längeren Umweg.

Der Umweg trug den Namen Geothermie, dieses Projekt scheiterte endgültig 2014 nach jahrelanger Planung. Als Grund wurde damals genannt, dass der Investor keinen Versicherer für die Bohrung gefunden habe, doch die Ursache lag tiefer: Das Vorhaben war einfach zu umfangreich. Schließlich hätte nicht nur nach warmem Tiefenwasser gebohrt, sondern parallel dazu noch ein komplettes Nahwärmenetz samt Kundenstamm aufgebaut werden müssen. Wie dies wirtschaftlich sinnvoll umzusetzen gewesen wäre, dazu gab es viel Optimismus aber nur wenig Konkretes. Was sicher ein Grund dafür war, dass sich lange gar kein Investor fand und vermutlich letztlich auch der Grund für den Ausstieg des Projektpartners: Die zu erwartende Gewinnmarge rechtfertigte einfach das Risiko eines solchen Millionenprojektes nicht.

Doch auch Scheitern kann konstruktiv sein, der Umweg scheint letztlich auf den richtigen Weg Richtung Energiewende geführt zu haben. Der sieht so aus, dass nun in den kommenden zehn Jahren zunächst nur der Ortsteil Vaterstetten und auch dieser nur nach und nach ein Nahwärmenetz bekommt. Wer auf den großen Wurf einer Energiewende von heute auf morgen gehofft hatte, mag da enttäuscht sein - aber auch hier gilt: Sorgfalt vor Schnelligkeit.

Der Vorteil des nun vorgestellten Ausbauplans sind ja gerade die vielen kleinen Schritte. Das ist gleich aus mehrfacher Sicht sinnvoll. Aus finanzieller genau wie aus technischer. So kann man beim Ausbau auf neue Entwicklungen reagieren, etwa wenn effizientere Technik zur Verfügung steht. Und auch für die Akzeptanz ist ein schrittweise Ausbau sicher besser, wer sieht, dass andere mit Nahwärme gute Erfahrungen gemacht hat, will vielleicht auch Kunde werden.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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