Klavier, Hackbrett und kleine Ensembles:Kleine Künstler, große Kritiker

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Knapp 70 Kinder und Jugendliche treten beim "Podium junge Musik" in Ebersberg auf. Der Organisator freut sich über das hohe Niveau, die Teilnehmer selbst sehen oft noch Luft nach oben

Von Christian Bauer

Schon die ersten Töne des Klaviers reichen aus, um den Zuhörern zwei Dinge vor Augen zu führen. Erstens: Dies ist ein ruhiges Stück. Zweitens: Das Mädchen da vorne beherrscht ihr Instrument, und zwar nicht zu knapp. Dann steigt die Querflöte ein und nimmt das Publikum mit auf einen Spaziergang. Man meint, die Vögel zwitschern zu hören, den Sonnenschein über den Feldern zu sehen - passend zum Titel der Komposition: "Sunstreams". Die 16-jährige Paulina Schima am Piano lässt die Melodie dahinfließen, wird zwischendrin lauter und schneller, nur um ihr spiel gleich darauf wieder abflauen zu lassen. Am Ende erhalten sie und Verena Schefthaler, 17, begeisterten Applaus.

Die beiden sind das einzige Ensemble-Paar der Altersgruppe vier beim 39. Wettbewerb "Podium junge Musik", den die beiden Musikschulen Ebersberg und Vaterstetten jedes Jahr abwechselnd veranstalten. Diesen Samstag ist wieder der Ebersberger Klosterbauhof als Gastgeber an der Reihe. Organisator Leopold Henneberger darf sich über knapp 70 Teilnehmer freuen - etwa doppelt so viele wie beim letzten Mal. Das Programm erstreckt sich von 9 bis 17 Uhr, aufgeteilt in die Kategorien Klavier, Kammermusik und Hackbrett. Teilnehmen dürfen junge Musiker bis einschließlich 19 Jahre.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zwischen Nervosität, Freude und Stolz: Beim "Podium junge Musik" im Ebersberger Klosterbauhof zeigen Talente wie Emmanuela Kampouridou am Klavier...

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

...und Lea-Luisa Häfner am Hackbrett ihr Können.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dabei hilft man sich auch gegenseitig.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zwei junge Pianisten zum Beispiel gehen, ganz wie die Profis, vor dem Auftritt noch einmal ihre Noten durch.

Trotz der positiven Resonanz des Publikums sind Verena und Paulina nicht hundertprozentig zufrieden. "Bei den Proben war es besser", gesteht Verena. Das sei immer so, beruhigt sie ihre Lehrerin, die zur Unterstützung mitgekommen ist. Es sei trotzdem ein "sehr guter Einstieg" gewesen, wenn man bedenke, dass es für beide Mädchen der erste Auftritt war. Natürlich hat daher auch die Aufregung eine Rolle gespielt - aber "es hilft, wenn man nicht allein da vorn steht", so Verena.

So scheint sich zu bewahrheiten, dass der Künstler selbst sein größter Kritiker ist: Fast niemand sagt nach seinem Auftritt, vollkommen glücklich zu sein mit der eigenen Leistung. "Ich habe schon ein paar Fehler gemacht, aber die hat man anscheinend nicht gehört", gesteht etwa der 19-jährige Gitarrist Christian Rieger, der mit der drei Jahre jüngeren Querflötistin Katharina Lochner im Duo angetreten ist. Schlimm findet er die Patzer aber nicht, die eigentliche Kunst sei es ja, Fehler so zu überspielen, dass sie nicht auffallen. Beide erklären zudem, sie würden Musikwettbewerben ohnehin skeptisch gegenüber stehen: Für sie gehe es viel mehr um den "Spaß an der Sache" und um die Gelegenheit, eine kleine Bühne zu finden. Aus diesem Grund sei Aufregung für sie kein Problem - zumal beide mehr als zehn Jahre Übung an ihrem Instrument haben, und das Publikum doch überschaubar ist.

Mit dieser Einstellung sind die beiden beim "Podium junge Musik" genau richtig. Wie Henneberger betont, liegt der Fokus der Veranstaltung nämlich auf Begegnung, gegenseitigem Zuhören und dem Sammeln von Erfahrungen. Zudem sei es wesentlicher Bestandteil der Ausbildung junger Musiker, sich präsentieren zu können - ganz nach dem Motto: "Macht mit und zeigt, was ihr könnt." Platzierungen würden hier deshalb eine untergeordnete Rolle spielen. Viel wichtiger: Eine gute Bewertung sei eine Bestätigung, und falls das Urteil doch einmal weniger positiv ausfalle, könne man von der Jury zumindest ein paar gute Tipps mitnehmen. Besonders erfreut ist Henneberger über die Beteiligung an der Kategorie Kammermusik: "Wir haben so ziemlich alle Paarungen dabei, die aus Holz- und Tasteninstrumenten möglich sind." Zudem habe er in allen Bereichen sehr talentierte Künstler gesehen. "Ein so hohes Niveau ist echt klasse", sagt er und lächelt.

Klar: Am häufigsten vertreten ist das Klavier mit 39 Teilnehmern in allen Altersklassen - laut Henneberger nach wie vor "eines der gefragtesten Instrumente". Unter den Spielern ist auch der achtjährige Bastian Schmidtke aus Markt Schwaben. Wer ihn am Klavier sitzen sieht, merkt ihm keine Aufregung an. In Anzug und Fliege wirkt er mit seinen beherzten Tastengriffen wie ein Profi. Unter anderem spielt er - passend zur ersten Altersstufe - Diabellis "Erste Lektionen am Klavier". Ja, er habe Spaß gehabt, sagt Bastian nach seinem Auftritt, die Nervosität habe sich in Grenzen gehalten. Deutlich aufgeregter, aber nicht weniger bravourös tritt der gleichaltrige Xaver Hillebrenner aus Kirchseeon auf. Bei seiner Darbietung von "Der Jongleuer" sieht man vor dem geistigen Auge, wie der Titelheld die Bälle durch die Luft fliegen lässt. Laut seiner Mutter mag Xaver das Vorspielen vor Publikum recht gern, Wettbewerbe dagegen eigentlich weniger.

Viel seltener als das Klavier erklingt an diesem Samstag das Hackbrett, nur vier Spielerinnen sind gekommen. Das Hackbrett sei eben schon eher ein Mädcheninstrument, sagt Annika Schulz. Bei ihrem Auftritt ist die 17-Jährige hoch konzentriert. Ihr Stück "Quantum of Action" von Robert Morandell hält, was der Name verspricht: Ruhige Passagen wechseln sich mit aufgeregten ab, zwischendrin schimmern Western-Melodien durch. Die Klöppel huschen dabei von Saite zu Saite, der vorherige Ton ist noch nicht verklungen, da folgt schon der nächste, die Klänge überlagern sich und entführen das Publikum in eine fremde Welt. Im Großen und Ganzen sei sie zufrieden, sagt Annika danach, aber ein paar Fehler hätten sich leider eingeschlichen. Der Vater hingegen fand den auftritt "super", merkt aber an, dass das Vorspiel beim Konzert "Musik Pur" im heimischen Grafing noch eine Spur besser gewesen sei. Hoffnungen auf den ersten Preis macht sich Annika dennoch, schließlich hat sie diesen schon zwei Mal gewonnen. Indes wird ihr Instrument von der Bühne getragen, das nächste Mädchen mit Hackbrett nimmt seinen Platz ein. Denn mit der Musik ist an diesem Nachmittag noch lange nicht Schluss.

© SZ vom 25.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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