Kirchenführung:Kürchel in Gefahr

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Trostlos und schmutzig sieht sie aus, die eigentlich schmucke kleine Kirche Sankt Michael auf dem Burgberg von Hinteregglburg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am 11. September ist Tag des offenen Denkmals. Anlässlich der anstehenden Außen-Restaurierung der Kirche St. Michael in Hinteregglburg veranstaltet Kreisheimatpfleger Markus Krammer eine Führung

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Dass der Glaube Berge versetzen kann, ist bekannt. Dass er auch Bäume in die Lüfte hebt, ist so gesehen ein Leichtes. Die Buche, die aus der Mauer des Turms der Filialkirche Sankt Michael in Egglburg in den Himmel wächst, besitzt jedenfalls Gottvertrauen. Neben der Kraft des Glaubens wurde die Luftnummer aber noch durch eine andere, eher prosaische Ursache begünstigt: Die Kirche, deren Langhausmauern im Kern noch in die romanische Zeit zu datieren sind, bedarf dringend einer Außen-Restaurierung.

Die soll voraussichtlich im kommenden Jahr in Angriff genommen werden, wie Kreisheimatpfleger Markus Krammer berichtet. Von "Notmaßnahmen zur statischen Sicherung" spricht man mit Zurückhaltung beim Erzbischöflichen Ordinariat. Es gebe bereits ein Sanierungskonzept und man befinde sich in der Klärungsphase, heißt es. Die Kosten werden vom Ordinariat, von der Pfarrei, vom Landesamt für Denkmalpflege, von der Bayerischen Landesstiftung und durch private Geldgeber aufgebracht. An Spenden sind 128 000 Euro eingegangen, wie Krammer berichtet.

Anlässlich der Restaurierung wird er in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein des Landkreises am Sonntag, 11. September, dem Tag des offenen Denkmals, eine Führung durch die Kirche anbieten. In diesem Jahr steht der alljährlich begangene Denkmaltag unter dem Motto "Gemeinsam Denkmale erhalten". Markus Krammer wird über Orts-, Bau- und Kunstgeschichte sowie die Sanierung sprechen. Die Geschichte des von der Eiszeit aufgehäuften Hügels und der von Buchen umgebenen, seit einiger Zeit arg mitgenommen aussehenden Kirche bietet Stoff für eine Zeitreise. Als Wanderziel ist die außerhalb der Gottesdienste versperrte Kirche überaus beliebt. Markus Krammer hat sie im dritten Band der 2009 erschienenen "G'schichten aus Ebersberg" beschrieben.

Erstmals schriftlich erwähnt wurde Hinteregglburg im Jahr 816 in den "Freisinger Traditionen". Aus Ebersberger Chroniken geht hervor, dass ein gewisser Kriegsmann Adalbert um 1040 einen Teil der ererbten Pfarrei, die zur Kirche Sankt Michael in "Eckilinpurc" gehörte, an Ebersberg abtrat. Von da an ist das "Kürchel", wie die Kirche in einem päpstlichen Schutzbrief einmal genannt wurde, also bestätigt.

Der Benediktinerabt Sebastian Häfele hat 1479 den romanischen Kirchenbau "gewelbt und bössert", also ein Gewölbe anstelle der flachen Holzdecke bauen und das Gotteshaus "verbessern" lassen. Die Backsteinrippen des Gewölbes enden auf Kragsteinen, die als Besonderheit der Kirche gelten, denn sie zeigen neben Schilden und Schriftbändern eine Reihe von männlichen Büsten und Köpfen. Ein Mann mit Rauschebart ist da verewigt, ein jugendlicher Kopf mit Haube, das faltenreiche Gesicht eines Alten. An der Decke, so Krammer, befinden sich vier Gewölbeschlusssteine: Eine Halbfigur des Kirchenpatrons Sankt Michael mit der Waage, das Eberwappen des Klosters Ebersberg, der irdene Topf, das Wappen Häfeles, und schließlich der bartlosen Porträtkopf eines Mannes, der durch eine runde Öffnung in das Langhaus der Kirche schaut. Der Autor vermutet, dass es sich dabei um das Selbstbildnis des Baumeisters Erhard Randeck handelt, der 1479 die Kirche umbaute.

Auch Reste der damaligen spätgotischen Ausstattung sind erhalten, darunter eine Figur der Anna Selbdritt, der Mutter Mariens, ein Ulrich mit Bischofsstab und Fisch sowie eine thronende Muttergottes mit Zepter und Jesuskind. Die ebenfalls aus der Spätgotik stammende Figur des Patrons mit Waage und Schwert stamme, so Krammer, der Überlieferung nach aus der Alxinger Michaelskirche. Den spätgotischen Altar hat man irgendwann entfernt, der jetzige wurde 1888 geschaffen.

Etwas Besonderes ist die zwölf Zentimeter kleine Wetterglocke. Auf der ins Metall eingearbeiteten Münze ist Maria zu sehen, die mit dem Jesuskind auf einem Haus sitzend von zwei Engeln durch die Luft getragen wird. Damals erzählten sich die Bauern, dass dieses Glöckchen von einem Papst geweiht sei und die magische Kraft habe, Unwetter zu bannen. Vielleicht ist sie es ja auch, die den Buchensamen in den Turm hat fliegen lassen. Was übrigens mit dem vorwitzigen Baum im Zuge der Restaurierung geschehen wird, ist ungewiss.

Treffpunkt zur Führung am Tag des Offenen Denkmals, 11. September, ist um 14 Uhr vor der Filialkirche St. Michael auf dem Burgberg von Egglburg. Die Ebersberger Volksmusik wird die Veranstaltung musikalisch und mit lokalen Themen, zum Beispiel dem "Egglburger Bauernmenuett" begleiten. An das 1200-jährige Bestehen des Weilers in diesem Jahr erinnert der Patroziniumsgottesdienst am Samstag, 1. Oktober, in der Filialkirche.

© SZ vom 01.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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