Jazzfestival Ebersberg:Zwischen Himmel und Erde

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Kulturmanager Peter Pfaff über die Aufführung der "Sacred Concerts" von Duke Ellington in Grafing

Interview von Daniel Fritz

Ein Festival rund um den Jazz mit Konzerten, Jam-Sessions, Workshops und Vorträgen wird in einer ganz besonderen Aufführung ihren Abschluss finden: Am Sonntag, 20. Oktober, gibt es in der St. Ägidius Kirche in Grafing um 17 Uhr ein großes Finale mit der EBE-Jazz-Bigband, großem Chor und Solisten - denn dreißig Jahre nach der neuerlichen europäischen Erstaufführung bringen Bigbandchef Josef Ametsbichler und Chorleiter Martin Danes die "Sacred Concerts" von Duke Ellington erneut in den Landkreis. Die Musikschule Ebersberg als Angelpunkt der zusammenwirkenden Ensembles ist mit Logistik, Räumlichkeiten und Equipment unterstützender Partner. Ein Gespräch mit ihrem Leiter und Kulturmanager Peter Pfaff.

SZ: Herr Pfaff, Duke Ellington wird als Komponist bekannter Jazzstandards, als Pianist und mit seinen Bigband-Arrangements vielen ein Begriff sein, seine "Sacred Concerts" sind allerdings nicht sehr bekannt. Worum geht es?

Peter Pfaff: Duke Ellington war ein sehr gläubiger Mensch und als Künstler voller Spiritualität. Angeregt und inspiriert von Martin Luther Kings berühmter "I have a Dream - Rede" von 1963 komponierte er Stücke für Bigband, gemischten Chor und Solisten, die Jazz und die kirchenmusikalische Tradition Europas verschmelzen ließen und die Botschaft Luther Kings musikalisch unterstreichen. Die insgesamt drei "Sacred Concerts" wurden dann im Rahmen von Tourneen durch Europa und die USA zwischen 1966 und 1974 aufgeführt, wobei Ellington stets Songauswahl und Reihenfolge variierte.

Was zeichnet diese Werke aus, was sind die Besonderheiten?

Zum einen war es Duke Ellington ein Anliegen, dass auch Menschen den Weg in die Kirche finden, die es sonst dort nicht hinzieht. Die Stücke sind allerdings keine "verjazzte" Messe, haben mit der Liturgie nichts zu tun und sind auch nicht belehrend oder missionierend angelegt. Neben Ellingtons Fachgebiet, dem Erschaffen wohlklingender Musik, ging es vor allem um die "Message" bezüglich der Leitmotive Heimat und Freiheit. Die Texte sind von Ellington selbst verfasst, und er bezeichnete dieses Werk einmal als das Wichtigste, das er jemals geschaffen habe.

Freut sich auf das Finale in der Grafinger Kirche: Peter Pfaff, Leiter der Musikschule Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wie haben die "Sacred Concerts" ihren Weg nach Ebersberg gefunden?

Der Arrangeur Arnold Fritscher hat 1989 im Rahmen des sehr gelungenen Ebersberger Kulturprojekts "Heimat" für die erste deutsche Aufführung nach Ellingtons eigener Tour Stücke aus dem zweiten "Concert" von einer Schallplatte transkribiert. Mittlerweile gibt es überarbeitete, gedruckte und verlegte Partituren; vor dreißig Jahren jedoch wurden die Noten für das Konzert handgeschrieben und auch an die damals vorhandene Besetzung angepasst. Ametsbichler leitete das Projekt und kann nun nach drei Jahrzehnten, in denen er sehr viel für den Jazz in unserer Region getan hat, den Kreis mit der zweiten großen Aufführung dieses Werkes schließen.

Inwiefern ist diese Aufführung für die Musikschule wichtig?

Zum einen passt die Produktion gut zu den Ressourcen der Musikschule. Wir haben hier die richtigen federführenden Leute und natürlich auch entsprechende Musiker, die diese Musik spielen, singen und zum Leben erwecken. Zum anderen gefällt uns die außermusikalische, das Leben betreffende und zutiefst menschliche Botschaft.

Gibt es spezielle Herausforderungen im Hinblick auf die untypische Besetzung und den Aufführungsort?

Eine Kirche ist neben der Architektur und der besonderen Ausstrahlung auch akustisch ein spezieller Ort für ein Konzert. Der starke Raumklang hüllt den Zuhörer in die Musik, man muss die Kirche zum Teil aber auch klanglich abdämpfen, um Reflexionen und Nachhall im Rahmen zu halten. Das ist für einen druckvollen und detailreichen Bigbandklang ebenso wichtig, wie für die Textverständlichkeit des Gesangs. Mit bewusster Platzierung der Musiker, Anpassung der Spieltechniken und das Präparieren des Schlagzeugs konnten wir den Gesamtklang weiter verbessern. Ich sehe jeden Raum und dessen Eigenklang generell als Herausforderung und Teil der Darbietung, nicht als Problem. Die Texte kann man - sollte man der englischen Sprache mächtig sein - gut verstehen, zentrale inhaltliche Botschaften werden auch im Programm abgedruckt sein.

Auf was kann sich das Publikum freuen?

Unser Konzert beinhaltet Kompositionen aus allen drei "Sacred Concerts" Ellingtons. Es wird weder ein typisches Kirchenkonzert, noch Gospel- oder Choraufführung und auch kein Jazzabend. Die besondere Kraft entsteht aus dem Spannungsverhältnis der verschiedenen Disziplinen und dem Wechselspiel der Elemente Chorklang, Solisten und Bigband. Wir spüren Erde und Himmel und den Menschen, der sich dazwischen bewegt. Ellington textet, dass Freiheit erkämpft werden muss, aber auch, dass sie ordentlich Spaß machen soll. Und so klingt sein Ruf nach ihr und der Liebe mal nach Jazzklub, mal nach Klängen voller Sehnsucht oder feierlich vor Ehrfurcht. Das wird das Publikum sicher - wie auch schon vor dreißig Jahren - berühren und bewegen.

"Sacred Concerts" von Duke Ellington mit Bigband, Chor und Solisten, am Sonntag, 20. Oktober, um 17 Uhr in Sankt Ägidius Grafing. Der Eintritt kostet regulär 16 Euro, acht Euro für Schüler/Studenten, 14 für Rentner. Tickets unter www.ebe-jazz.de.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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