Vaterstettens Altbürgermeister:"Für mich ist das ein Skandal"

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Der 73-jährige Peter Dingler (SPD) war von 1989 bis 2001 Bürgermeister von Vaterstetten. Heute arbeitet er in einer Münchner Anwaltskanzlei, wo er sich hauptsächlich mit kommunalpolitischen Themen beschäftigt. (Foto: Christian Endt)

Peter Dingler rät Kommunen, gemeinsam gegen die "Parkräume KG" vorzugehen

Interview von Viktoria Spinrad

Die umstrittenen Methoden der Firma "Parkräume KG" kennt auch Vaterstettens Altbürgermeister Peter Dingler. Im SZ-Interview schildert der Anwalt, was geschah, nachdem das Auto eines Mandanten abgeschleppt wurde - und erklärt, wie sich betroffene Gemeinden zur Wehr setzen sollten.

SZ: Wie haben Sie zum ersten Mal von dem Vorgehen der Parkräume KG in Baldham erfahren?

Peter Dingler: Mein Mandant rief mich ganz verzweifelt an. Er hatte gerade unter anderem Medikamente für seine pflegebedürftige Ehefrau eingekauft - und dann war sein Wagen weg, mitten am Tag. Und das, obwohl die Tiefgarage vollkommen leer war. Weil seine Frau auf ihn angewiesen ist, ging er zu Fuß nach Hause.

Wie gingen Sie dann vor?

Am nächsten Tag habe ich die Nummer auf den Schildern an der Wand angerufen - und war überrascht, in Berlin rauszukommen. Ich erklärte dem Mitarbeiter, dass mein Mandant den Wagen wegen seiner kranken Frau dringend braucht. Aber der lachte bloß höhnisch - und ließ uns wissen, dass wir uns eine Herausgabe des Wagens ohne die Zahlung der geforderten 320 Euro "abschminken könnten".

Wie haben Sie die Situation gelöst?

Die Rechtsstreitigkeiten hätten viel zu lange gedauert. Also sind wir zur Bank gegangen und haben per Blitzüberweisung gezahlt. Bis man uns die Adresse des abgeschleppten Wagens gab, hat es dann aber noch gedauert: Erst konnten die Mitarbeiter die Überweisung nicht finden, dann hat man uns eine Straße in Baldham genannt, die es hier gar nicht gibt. Ein anderer Mitarbeiter, dem wir wieder alles erklären mussten, sagte uns dann, dass nicht Baldham, sondern Haar gemeint war. Dort stand der Wagen dann auch.

Wie bewerten Sie das Vorgehen?

Für mich als Jurist ist es völlig unverständlich, dass ein Unternehmen Autos auf öffentlichen Flächen abschleppen lässt. Das gleicht einer gewerblichen Nutzung öffentlicher Flächen - und dafür braucht es eigentlich eine Sondernutzungsgenehmigung.

Der BGH hat aber anders entschieden.

Leider ist die Rechtslage so, dass auch völlig überhöhte Preise verlangt werden dürfen. Jeder müsste die Differenz zu den ortsüblichen Kosten einklagen. Dass die "Parkräume KG" aber selbst in einer Versorgungs-Notsituation wie bei meinem Mandanten keine Einsicht hat, ist unglaublich, ein Skandal. Und gerade ältere Leute sind in einer solchen Situation völlig hilflos - was soll denn ein älterer Vaterstettener machen, der kein Handy hat?

Sie haben sich mit einem Brief an die Gemeinde und die Eigentümer des Parkhauses, die Familie Brandl, gewandt.

Ja, von den Brandls habe ich - wie auch Bürgermeister Reitsberger - leider keine Reaktion bekommen.

Wen sehen Sie jetzt in der Verantwortung?

Die Gemeinde sollte darauf hinwirken, dass sich die Brandls einen anderen Vertragspartner suchen - oder zumindest die Konditionen geändert werden. Wenn hier im Ort jeder mit dem maximalen Maß vorgeht, dann leidet das Zusammenleben in der Gemeinde. Das Verhalten des Abschleppunternehmens ist absolut bürgerunfreundlich, das darf die Gemeinde nicht zulassen.

Was schlagen Sie konkret vor?

Im Rathaus muss man das Thema auf die Agenda des Gemeindetags oder des Gemeinderats setzen. Und die Gemeinden müssen sich zusammentun und gemeinsam Druck machen. Die "Parkräume KG" muss jetzt den geballten Widerstand der Gemeinden zu spüren bekommen.

© SZ vom 03.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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