Initiative für Offenheit:Courage ohne Siegel

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Poings Anti-Rassismus-Projekt hat keine offizielle Urkunde als Ziel

Vor zwei Wochen hat der Poinger Gemeinderat einstimmig für einen Antrag gestimmt, der dem Ort den Titel "Gemeinde mit Courage - Gemeinde gegen Religionshass, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus" geben soll. Poing könnte damit die erste Gemeinde in Bayern werden, die ein offizielles Siegel trägt. Bundesweit gibt es derzeit acht Kommunen mit dem Titel, den eine Organisation aus Berlin nach Prüfung der Voraussetzungen, Projekte und Aktionen vergibt. Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) erklärte jedoch Anfang der Woche, dass er das Siegel aus Berlin weder anstrebe noch als Ziel ausgebe.

Inspiration für den SPD-Antrag ist die Aktion "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" mit Sitz in Berlin, bei der zwei Poinger Schulen mitmachen. Aber lässt sich das auf eine Kommune so einfach übertragen? Der SPD-Gemeinderat und Antragsmitverfasser Omid Atai erklärte am Dienstag, dass er sich "gut vorstellen" könne, das offizielle Siegel zu erreichen. Auch er wolle den Titel der Berliner Organisation aber nicht zum Ziel erklären. "Dafür ist es zu früh", so Atai. Realistische Ziele könne man erst ausloten, wenn in den Arbeitsgruppen über längere Zeit ein Bild entstanden ist. "So ein Ziel bringt nur was, wenn alle mitziehen", sagt Atai.

Im Gemeinderat kam es letztlich zu einem einstimmigen Votum, den Titel einer couragierten Gemeinde anzuvisieren. Vorher hatte es jedoch durchaus Diskussionen gegeben. Kritik kam von FDP-Gemeinderat Wolfgang Spieth, der Zweifel am Sinn des Antrags äußerte. Die im SPD-Antrag genannten Werte sollten eine Selbstverständlichkeit sein, hatte Spieth argumentiert: "Welche Gemeinde würde schon sagen, wir stehen für Ausgrenzung, Diktatur und Einfalt?"

Um das Siegel zu erhalten, braucht es Engagement, das durchaus mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Etwa ein regelmäßiger runder Tisch, an dem ein breiter Teil der Gesellschaft zusammen kommt, Bürger, Vereine, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Schulen, die Gemeindeverwaltung, und andere. Garniert mit Lesungen, Projektarbeiten oder Musikaufführungen. Bürgermeister Hingerl erklärt, er wolle das Courage-Siegel nicht kategorisch ausschließen, mehr aber auch nicht. Erfüllt Poing die Vorgaben fürs offizielle Siegel nicht, müsste sich die Gemeinde den Titel für die eigene Offenheit selbst verleihen.

In seiner Sitzung am Montag hat sich der Kreis- und Strategieausschuss des Kreistags inzwischen dem Beispiel Poings angeschlossen, auch hier hatte die SPD beantragt, sich als Landkreis gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus zu positionieren. Vertreter verschiedener Fraktionen betonten zwar, dass das Anliegen wichtig sei, die konkrete Ausgestaltung blieb aber zunächst offen. Das Gremium einigte sich schließlich darauf, erst einmal bei einem landkreisweiten Treffen der Schulleiter für die Idee zu werben, sich ebenfalls zur "Schule mit Courage" weiterzuentwickeln. Außerdem soll das Themen bei Treffen im Rahmen der Bildungsregion Ebersberg auf die Agenda. Und auch die Kreispolitiker werden sich weiterhin damit beschäftigen, dies ist ein Auftrag an den zuständigen Ausschuss für Soziales, Familie, Bildung, Sport und Kultur (SFB). Einstimmig votierte das Gremium für diesen Weg.

© SZ vom 14.11.2018 / koei, moo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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