Historie:Eine Glocke blieb verschont

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Die Sankt-Michaels-Kirche in Hinteregglburg ist dringend sanierungsbedürftig. Aus diesem Anlass erzählte Markus Krammer bei einer Besichtigung Details aus der Geschichte des Kirchleins

Von Antonia Heil, Ebersberg

Wenn nicht gerade ein Feiertag im Kirchenjahr ist, kann man die Gottesdienstbesucher heutzutage oft an zwei Händen abzählen. Ein übervolles Kirchenschiff findet man also definitiv nicht vor - es sei denn, es ist Tag des Denkmals und in der Kirche geht es nicht ums Gottesdienst feiern, sondern um den kunsthistorischen Wert des Gotteshauses. Sehr viele Geschichtsinteressierte zog es nun in die kleine Sankt-Michaels-Kirche in Hinteregglburg, wo Kreisheimatpfleger Markus Krammer und Ebersbergs Stadtpfarrer Josef Riedl eine Führung angekündigt hatten. Daraus wurde allerdings notgedrungen mehr ein Vortrag, denn die kleine Kirche platzte aus allen Nähten, einige Gäste mussten sogar draußen warten. Für sie wiederholten die Veranstalter den Vortrag später noch einmal.

Wer draußen warten musste, hatte Gelegenheit, die wunderbare Landschaft zu genießen. Das Kirchlein steht auf einem kleinen Hügel, an dessen Fuße sich der wunderschön anzusehende Egglburger See erstreckt. Einen weniger schönen Anblick bietet indes das Gotteshaus selbst: Ganz grau sind die einst weißen Außenmauern der ziemlich genau 1200 Jahre alten Kirche, an manchen Stellen ist der Putz stark abgeblättert. In den Turm hat eine Buche ihr Wurzelwerk geschlagen. Es steht nicht gut um die Filialkirche, die zur Pfarrgemeinde Ebersberg gehört.

Mit seiner vom Wetter gezeichneten Außenfassade passt das 1200 Jahre alte Gemäuer von St. Michael nicht in die Postkarten-Landschaft. Deswegen soll dort renoviert werden. (Foto: Christian Endt)

Deswegen wollten die Veranstalter die Gelegenheit nutzen, im Rahmen des bundesweiten Denkmaltages mit dem Motto "Gemeinsam Denkmale erhalten" zu erklären, warum diese Kirche besonders und schützenswert ist und welche Maßnahmen konkret getroffen werden müssen. "Außen muss der Verputz erneuert werden, die Buche muss weg und der Dachstuhl ist auch sanierungsbedürftig" stellte Pfarrer Riedl fest. Er stand drinnen auf den Stufen des Altars, während sich die Besucher dicht gedrängt um ihn scharten. Während es gerade in romanischen Kirchen auch im Sommer immer recht kühl ist, stand einigen Leuten deutlich sichtbar der Schweiß auf der Stirn. "Innen ist zum Beispiel die Empore statisch instabil. Und bei den Außenmauern lassen wir demnächst prüfen, ob Hohlräume und vielleicht sogar Schimmel drin sind", erklärt Riedl weiter. "Der Außenbereich kommt hoffentlich im nächsten Frühjahr dran, wenn wir die Genehmigung dafür von oben bekommen. Innen fangen wir aber schon nach dem Patrozinium am 1. Oktober an."

Markus Krammer erklärte auch gleich, warum das Jubiläum gefeiert wird: Im Jahre 816 wurde Egglburg in den Freisinger Traditionen zum ersten Mal erwähnt. Fünf Jahrhunderte später war es wohl ähnlich renovierungsbedürftig wie jetzt; jedenfalls beauftragte Abt Sebastian Häfele vom Kloster in Ebersberg im späten 15. Jahrhundert viele Baumaßnahmen. 1479 ließ er zum Beispiel die Holzdecke entfernen und stattdessen ein geripptes Gewölbe in den Sakralraum einbauen. Der Abt war der Sohn eines Töpfers, weswegen er in seinem Wappen den Ebersberger Eber und einen tönernen Topf trug. "Sehen Sie, der Eber und der Topf sind dort oben auf den Schlusssteinen abgebildet." Krammer deutete auf die Stellen, an denen die Streben des Gewölbes sich in der Mitte treffen. Tatsächlich, der Eber und der Topf sind deutlich zu erkennen. Und weiter ging es mit der Erklärung des Innenraumes. Mit seinem umfassenden Wissen beeindruckte Krammer die Anwesenden sichtlich. Und seine Begeisterung für die Geschichte der Kirche war ansteckend. Gebannt lauschten die Zuhörer zum Beispiel, als er von den Glocken der Kirche erzählte. "Da gibt's ganz tolle Bilder von uns als Buben, wo wir auf den Glocken sitzen", sagte er lächelnd. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wurden sie wie an allen anderen Orten auch beschlagnahmt, um daraus Waffen zu fertigen. Allerdings konnte die Waffenindustrie nicht mehr alle verarbeiten, sodass einige wenige Glocken erhalten blieben und nach Kriegsende wieder in die Heimatkirchen zurückgelangten. So kam auch eine Glocke nach Hinteregglburg zurück.

Standing ovations: Weil der Andrang so groß war, fand der Vortrag zwei Mal statt. (Foto: Christian Endt)

Dies und noch mehr wusste Krammer seinem Publikum zu erzählen, das trotz der Hitze gebannt lauschte. Zwischendurch spielten er und Ottmar Moser immer wieder volkstümliche Musik mit heimatlicher Widmung, Krammer an der Zither und Moser am Hackbrett. Nach rund einer Stunde Vortrag war so der Wissens- und Musikdurst gestillt.

© SZ vom 13.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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